Annäherung in der offiziellen Kaffeepause

Attac und Gewerkschaften streiten dieses Wochenende über die EU-Verfassung – mit einer neuen Konferenzmethode

BERLIN taz ■ Die Vorgaben der EU zur Wirtschafts-, Handels- oder Umweltpolitik prägen weite Teile der deutschen Politik. Viele nehmen sie als „Europa von oben“ wahr. Jetzt will das neue soziale Bündnis aus Gewerkschaften, Globalisierungskritikern, Umwelt- und Friedensbewegungen dem ein „Europa von unten“ entgegensetzen. Dieses Wochenende veranstalten sie dazu eine Konferenz im Berliner Umweltforum.

Dabei dürfte es kontrovers zugehen. Beispiel EU-Verfassung: Attac lehnt den Entwurf ab und fordert, alles neu zu verhandeln. Die Gewerkschaften hingegen sind für die Verfassung. Sie haben an ihrer Entstehung selbst mitgewirkt. Diskutieren werden nun rund 70 TeilnehmerInnen, die die Breite des Bündnisses widerspiegeln – von Attac über den BUND und Ver.di bis zu Pro Asyl .

Zur Lösung der Konflikte wagt sich das Bündnis an eine neue Methode heran: den „Open Space“. Das Konzept, das 1983 in den USA entwickelt wurde, beruht auf einer einfachen Erkenntnis: Das Beste an einer Konferenz sind oft die Kaffeepausen. Deshalb ist zunächst nichts geplant.Weder Workshops noch Vorträge, nicht mal eine Tagesordnung sind vorbereitet. Michael Pannwitz, Open-Space-„Begleiter“, findet die Methode für die Konferenz des Bündnisses besonders geeignet: „Kontroverse Themen und hetererogenes Teilnehmerfeld sind perfekte Voraussetzungen.“

Die Konferenz beginnt mit einer leeren Wand, an der die Teilnehmenden ihre „Anliegen“ veröffentlichen. So soll eine spontane Tagesordnung mit mehreren Arbeitsgruppen entstehen. Auf dem so genannten „Marktplatz“ finden sich dann je nach Angebot und Nachfrage die Gruppen zusammen – oder eben nicht. „Anders als beim üblichen Frontalunterricht nehmen die Leute hier die Sache selbst in die Hand“, sagt Pannwitz. Nach seinem „Open Space“-Konzept haben der Flugzeugbauer Boeing ein Design für Flugzeugtüren entwickelt und die Deutsche Bahn AG eine Fusion mit einem Logistikunternehmen geplant.

Jetzt wird sich zeigen, ob die Methode auch dem neuen Bündnis bei der Suche nach einer gemeinsamen EU-Strategie hilft. „Wir wagen ein Experiment“, sagt Organisator Stephan Lindner und hofft, dass durch Streit über Europa die Gemeinsamkeiten bei anderen Themen nicht belastet werden. NIKOLAI FICHTNER

www.europa-von-unten.org