Wirtschaftsweise ohne Kanten

Beatrice Weder di Mauro soll Akzente im Sachverständigenrat verschieben, lässt aber bis jetzt kein Profil erkennen

BERLIN taz ■ Erstmals in der 41-jährigen Geschichte des Sachverständigenrats soll eine Frau zur Wirtschaftsweisen ernannt werden, und noch dazu eine ohne deutschen Pass. Beatrice Weder di Mauro, zugleich Italienerin und Schweizerin, hat die besten Chancen, als Nachfolgerin von Axel A. Weber berufen zu werden. Die 38-jährige Professorin für internationale Makroökonomie der Uni Mainz scheint die Wunschkandidatin der Bundesregierung zu sein.

Die Besetzung des Platzes im Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist ein heikles Thema: Das Jahresgutachten des Beratergremiums der Bundesregierung erhält große öffentliche Aufmerksamkeit. Formal erfolgt die Ernennung der Wirtschaftsweisen vom Kabinett – auf Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums. Im Vorfeld der Ernennung hieß es jedoch, das Bundeskanzleramt habe die Personalie ganz an sich gezogen. Schröder befürworte eine Akzentverschiebung, um die Nachfrage der KonsumentInnen zu stärken. Denn bisher sind im Gremium bis auf den Würzburger Ökonomen Peter Bofinger nur tendenziell angebotsorientierte Wissenschaftler vertreten, die die Wirtschaft durch Förderung von Unternehmen in Schwung bringen wollen.

Kollegen von Weder di Mauro bezeichnen sie jedoch als „Kompromisskandidatin“ ohne Profil. Eine politische Orientierung ist in ihrem Lebenslauf nicht zu erkennen. Wenn sie Empfehlungen gibt, sind dies politisch korrekte Aussagen zu ausgewählten Teilproblemen in der internationalen Finanzwissenschaft.

Die Finanzmarktspezialistin hat auf dem Papier einen geraden Karriereweg zurückgelegt. Während ihres Studiums hielt sie sich nicht mit zeitraubenden Auslandsaufenthalten auf. Sie studierte zügig, promovierte mit 28 Jahren und habilitierte 6 Jahre später – alles an der Uni Basel.

Erst nach dem Studium sammelte Beatrice Weder Auslandserfahrungen im großen Stil. So arbeitete sie bei der Weltbank, beim Internationalen Währungsfonds und für die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 2001 wurde sie zur Wirtschaftsprofessorin an die Uni Mainz berufen.

Ihre Themenwahl lässt vor allem Interesse an wirtschaftlichen und begrenzt auch an sozialen Problemen schwacher Volkswirtschaften erkennen. So veröffentlichte Weder di Mauro Forschungsarbeiten zur Entwicklungshilfe, zu internationalen Finanzmärkten, insbesondere von Entwicklungsländer, zu Korruption und zur Bedeutung wirtschaftlicher Ungleichheiten für Entwicklung. Ihre Expertise in kapitalmarktnahen Themen würde die Fachkompetenz im Sachverständigenrat sinnvoll ergänzen. Dort sind bisher Spezialisten für Arbeitsmarkt, öffentliche Finanzen, Geldpolitik und Renten vertreten. In die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands müsste sie sich einarbeiten. Und bei ihren Empfehlungen die eine oder andere Kante im glatten Profil riskieren.MICHAELA KRAUSE