jeremy-irons.com

„GZSZ“ kriegt den Publikumspreis beim Grimme Online Award – der Stargast hat auch keine Ahnung vom Internet

Spät kam sie, aber sie kam: die alles entscheidende Frage des Abends. Gestellt wurde sie von einer Servicefachkraft, der es sicher herzlich egal war, wem sie neumodisches Fingerfood auf irgendeiner Aftershow-Party unter die Nase hält. „Was ist das eigentlich für eine Veranstaltung?“, fragte die kompetente Kellnerin, und die Antwort darauf fällt nicht leicht. Selbst dann, wenn man die Fakten kennt.

Das renommierte Grimme-Institut aus der westfälischen Provinzstadt Marl hatte geladen, Ort des Geschehens war das schnieke „Schloss Bensberg“ im Bergischen Land, und der Anlass der Festivität war auch kein Geheimnis: Die besten Internetseiten und Online-Auftritte galt es zu prämieren, und weil das per se eine eher trockene Angelegenheit ist, setzten Grimme-Geschäftsführer Bernd Gäbler und seine Sponsoren beim 4. Grimme Online Award zum wiederholten Male auf eine Idee, mit der seit Jahren auch der Wiener Opernball aufgepeppt wird: einen gemieteten Hollywoodstar.

Bevor der kam, kam aber lange Zeit nichts. Beziehungsweise: Nova Meierhenrich. Mangels weiterer Blitzlichtluder hätte nicht sehr viel gefehlt, und der anwesenden Fotografenschar wäre nichts anderes übrig geblieben, als sich gegenseitig zu knipsen. Vor lauter Langweile und ob des fehlenden Glamourfaktors. Dann aber: Auftritt Jeremy Irons. Strahlend, lässig, professionell. Und, was belegt ist: in roten Schuhen zum grauen Anzug. Ebenfalls nichts als die reine Wahrheit ist, dass Jeremy Irons als Laudator für den Publikumspreis frank und frei gestand, vom Internet keine Ahnung zu haben – „Ich frage meinen 18-jährigen Sohn, wie man das anstellt“ – , sich auch von der wie immer hübsch schnatternden Moderatorin Barbara Schöneberger nicht aus der Ruhe bringen ließ und sodann zur Tat schritt: Den Publikumspreis gewann die Website von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit tagesschau.de. Mit den Grimme-Kriterien „Journalistische Qualität“ und „Ästhetik“ hat „GZSZ“ zwar nicht viel zu tun, aber dem „Publikum“ war’s wohl egal.

Die Jury zeichnete das Internetmagazin diegegenwart.de aus, ein Freizeitprojekt des Psychologie-, Politik- und Kommunikationswissenschafts-Studenten Björn Brückerhoff. Der führte schon Interviews mit Peter Klöppel, Moritz Hunzinger oder Hans Leyendecker. Das klingt doch nach journalistischer Qualität. MARTIN WEBER

Weitere Preisträger: www.planet-wissen.de, www.swr.de/stauffenberg, www.br-online.de/unfall, www.ersin-boerek.de, www.poem-derfilm.de