Linkspartei lässt SPD zittern

Der am Wochenende gegründete Verein „Wahlalternative“ schreckt die Genossen auf. SPD-Chef Müntefering will Initiative „nicht leicht nehmen“, Fraktionsvize Müller wittert linken Populismus

BERLIN taz ■ Der stellvertretende SPD-Fraktionschef im Bundestag, Michael Müller, befürchtet, dass die geplante neue Linkspartei der SPD Stimmen abtrotzen könnte. „So wie es die Gefahr eines rechten Populismus gibt, so besteht diese Gefahr auch im linken Spektrum“, sagte Müller der taz. Er reagierte damit auf die Gründung des Vereins „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ am Wochenende.

Der von SPD-Abweichlern, Gewerkschaftern und anderen linken Kritikern der Regierungspolitik gegründete Zusammenschluss hatte gestern angekündigt, flächendeckend Widerstand gegen die Sozialpolitik von Rot-Grün und der Union zu organisieren. „Wir glauben nicht daran, dass sich an der Politik dieser Regierung noch etwas Grundlegendes ändern wird“, sagte Axel Troost, einer der vier Vorstandssprecher der „Wahlalternative“, der taz. Deshalb habe man sich zum Handeln entschlossen: „Es ist richtig, wir drohen auch damit, unsere Oppositionsarbeit parlamentarisch zu machen.“ Ob das Bündnis als Partei zur nächsten Bundestagswahl antritt, soll im Herbst beschlossen werden.

Der SPD-Parteivorsitzende Franz Müntefering erklärte: „Solche Initiativen nehme ich nicht leicht.“ In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ging Müntefering bereits zum Gegenangriff über. Er kritisierte die Initiatoren der „Wahlalternative“ als Leute, „die etwas versprechen, was sie nicht halten können“. Müller warf der „Wahlalternative“ vor, auf ein „schlichtes Antibündnis“ zu setzen. SPD-Vize Ute Vogt drohte Abweichlern mit Parteiausschluss. Nordrhein-Westfalens SPD-Chef Harald Schartau forderte eine eindeutige Abgrenzung der Gewerkschaften von dem Linksbündnis.

In ihrem ersten Programmentwurf verlangt die „Wahlalternative“ unter anderem eine Rücknahme der gerade beschlossenen Hartz-IV-Gesetze. Statt einer Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln für Arbeitslose sollte es einen gesetzlichen Mindestlohn von 1.400 Euro geben. Außerdem setzt sich das Bündnis für eine Wiedereinführung der einprozentigen Vermögenssteuer und einen Spitzensteuersatz von mindestens 45 Prozent ein.

SPD-Chef Müntefering bemühte sich unterdessen, das Verhältnis zu den Gewerkschaften zu entspannen. Er glaube „noch immer, dass die Arbeiterbewegung nur erfolgreich“ sei „durch den Schulterschluss von SPD und Gewerkschaften“, sagte Müntefering vor dem heutigen Treffen des SPD-Gewerkschaftsrats. LKW

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