Fünf Jahre Haft im Obdachlosenprozess

Das Mannheimer Jugendgericht verurteilt einen 20-jährigen Mann. Mit vier Jugendlichen prügelte er 2003 einen Obdachlosen zu Tode. Ein zweiter, ähnlicher Todesfall wird jetzt im rheinland-pfälzischen Frankenthal verhandelt

FRANKFURT/MAIN taz ■ Im Prozess gegen fünf Jugendliche wegen der Tötung eines Obdachlosen verurteilte die Jugendkammer des Mannheimer Landgerichtes gestern Morgen den 20-jährigen Hauptangeklagten zu fünf Jahren Gefängnis. Er und drei seiner vier Mittäter haben sich, so das Gericht, der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht. Drei 15-jährige erhielten Bewährungsstrafen von je zwei Jahren. Ein 14-jähriger, der den Tatort früher als die anderen verlassen hatte, erhielt 15 Monaten Jugendstrafe.

Zeitgleich mit der Urteilsverkündung in Mannheim begann gestern vor dem Landgericht Frankenthal in Rheinland-Pfalz ein anderes Verfahren gegen zwei Jugendliche. Der 18-jährige Mann und ein gleichaltriges Mädchen sollen im September 2003 in Frankenthal ebenfalls einen Obdachlosen getötet haben. Sie traten und schlugen, so die Staatsanwaltschaft, zuerst auf den 55-jährigen Mann ein. Dann zündeten sie seine Kleidung. Auch er starb an seinen schweren Verletzungen. Die beiden Angeklagten weisen sich seither die Schuld an der Tat gegenseitig zu. Das Urteil in diesem Verfahren soll schon am Mittwoch gesprochen werden.

Die Täter im Mannheimer Fall hatten im Oktober 2003 gemeinsam mit drei anderen Jugendlichen aus dem baden-württembergischen Dorf Neulußheim im Rhein-Neckar-Kreis den 54 Jahre alten Obdachlosen Johann Babies mit Knüppeln brutal zu Tode geprügelt. Zwei beteiligte zwölfjährige Mädchen waren zur Tatzeit noch nicht strafmündig. Stundenlang trat und schlug die Gruppe auf ihr Opfer ein, zerprügelte dabei einen zwei Meter langen Holzknüppel. Anschließend schlugen die Angeklagten ihr Opfer weiter mit einem zerbrochenen Besenstiel und ließen es dann schwer verletzt im Wald liegen. Der Mann starb zwei Tage später an den Folgen einer Vielzahl von Verletzungen und an Unterkühlung.

Während des nicht öffentlichen Jugendgerichtsverfahrens hatten die jüngeren Angeklagten versucht, die Hauptschuld allein auf den 20-Jährigen abzuwälzen. Dem folgte das Gericht nicht. Mindestens vier von ihnen, so die Urteilsbegründung, hätten gemeinschaftlich gehandelt, ihr Opfer schwer gequält, erst getreten, dann geschlagen. Der 20-Jährige sei außerdem mit beiden Füßen auf den Brustkasten des Obdachlosen gesprungen. Sie hätten gezielt Kopf und Körper malträtiert. Erst als Babies sich nicht mehr rührte, hätten sie von ihm abgelassen. Spätestens, als sie den Mann hilflos zurückließen, hätten sie wissen müssen, dass er sterben wird. Drei der zu Bewährungsstrafen verurteilten Jugendlichen müssen außerdem gemeinnützige Arbeit leisten, ihre Therapien fortsetzen, einen sozialen Trainingskurs absolvieren, und sie stehen unter der Aufsicht eines Bewährungshelfers. Für die meisten Beteiligten hatte die Tat in Neulußheim keine Folgen. Sie gehen weiter zur Realschule. Eltern, die gedroht hatten, ihre Kinder deshalb nicht mehr in den Unterricht zu schicken, haben ihre Entscheidung revidiert. Der Bürgermeister kündigte außerdem Elternkurse zur Gewaltprävention an.

Die Motive der Angeklagten für den gemeinsamen Gewaltexzess sind in dem Verfahren weitgehend ungeklärt geblieben, Anzeichen für eine rechtsextreme Gewalttat gab es nicht. Die Aggression habe sich, so die Ermittlungen, nach einem längeren Streit um die Nutzung einer Baracke im Wald aufgebaut. Der 20-Jährige habe sich von dem Opfer beleidigt gefühlt. Babies habe auch einige Zeit zuvor mit einer Schaufel nach ihm geschlagen. Die Gruppe habe ihn „bestrafen“, ihm einen „Denkzettel“ verpassen wollen. HEIDE PLATEN