„Soziale Logik“

Ein Gespräch mit dem „I, Robot“-Produktions-Designer Patrick Tatopoulos über menschenähnliche Roboter wie Sonny und Gollum, schwerfällige Wesen wie E.T. und roboterähnliche Menschen

VON HARALD FRICKE

taz: Herr Tatopoulos, im Kino gab es bereits wandelnde Staubsauger, ungelenke Blechcontainer und Flüssigmetall als Roboter. Was waren Ihre Vorbilder?

Patrick Tatopoulos: In der Vorbereitungsphase für „I, Robot“ war ich so ziemlich von allen Modellen aus der Filmgeschichte beeinflusst. Fritz Langs „Metropolis“ zählt ebenso zu meinen Vorbildern wie das Design von „Terminator“. Nur wurde mir während der ersten Skizzen schon klar, dass unser Roboter keine schreckenserregende Figur verkörpern sollte, deshalb fielen die meisten Anspielungen gleich wieder weg. Es gibt aber noch Chris Cunninghams Video zu dem Björk-Song „All is full of love“, das hat meine Vorstellungen sehr stark mitgeprägt.

Die Roboter im Björk-Video wirken sehr verletzlich. Waren Sie auf diesen emotionalen Effekt aus?

Ja, denn das macht sie menschlich. Bei Björk sehen die Roboter unschuldig aus, ein bisschen wie Engel. Wir wollten allerdings eine Figur, die von einem friedliebenden Charakter in etwas völlig Unberechenbares umschlägt. Es sollte schon ein wenig Monster darin stecken.

Was war schwieriger – die menschliche Seite an der Maschine darzustellen oder das Maschinelle auf ein möglichst menschenähnliches Wesen zu übertragen?

Das war in der Tat eine komplizierte Aufgabe. Man hat mich oft gefragt, ob Roboter in der Zukunft ein Gehirn besitzen werden, ob sie immer mehr dem Menschen ähneln werden. Was mich viel mehr daran interessiert, ist die umgekehrte Folgerung: Menschen verfügen über immer mehr Prothesen, von künstlichen Gliedmaßen bis hin zu chirurgisch durchdesignten Körpern. Deshalb stellt sich für mich eher die Frage, wann ein Mensch sich zu etwas anderem entwickeln wird. Braucht man ein Gehirn, um Mensch zu bleiben? In „I, Robot“ verfügt Sonny über ein solches Gehirn, da wird die Grenzziehung schwierig. Mit der Erforschung von künstlicher Intelligenz stehen wir jedoch schon heute an dem Punkt, wo Übergänge fließend werden. Noch braucht es das menschliche Gehirn, um eine Maschine zu kontrollieren. Aber was geschieht, wenn das Gehirn selbst zum Teil der Maschine wird?

Das klingt schwer nach dem alten Frankenstein-Mythos.

Ja, das spielt eine Rolle, schließlich haben wir einen Science-Fiction-Film gedreht, da gehören solche Fantasien zum Grundbestand. Es ist zumindest eine reizvolle Aufgabe bei der Produktion eines möglichst perfekten und naturgetreuen Image.

Weil man etwas schaffen muss, das sich vom Menschen unterscheidet und ihm doch gleicht?

Es gibt einige Kritiker, denen diese Herangehensweise nicht gefallen hat, die unseren Roboter zu menschlich fanden. Aber stellen Sie sich doch einfach mal vor, ein Roboter, der wie ein Staubsauger aussieht, würde seinen Besitzer angreifen – das wäre wohl kaum interessant. Zugleich weiß ich aus Gesprächen mit Wissenschaftlern, dass Roboter der Zukunft keinesfalls anthropomorph aussehen werden.

Das Konzept von „I, Robot“ geht über Fragen nach dem Look weit hinaus. Ihre Kreaturen agieren sozial, haben Gefühle, sie bilden eine eigene Gesellschaft. Das sind nicht gerade Charakterzüge eines fremden Wesens?

Aber das geschieht alles auf einer sehr niedrigen Stufe von Intelligenz. Bis auf Sonny sind alle anderen Roboter programmiert, da ist kein freier Wille, der sie antreibt. Das entspricht nicht menschlichem Verhalten, sondern einem Computer, wo ich eine Option habe, auf die ich klicke, und dann wird das Programm ausgeführt. Die soziale Interaktion und die Gefühle, die die anderen Roboter haben, sind nichts als Imitation. Auch das findet sich längst schon in der Wirklichkeit, wenn Sie an „NeCoRO“ denken, die japanische Roboter-Katze, die schnurrt, sobald man sie streichelt. Sonny dagegen hat ein Gehirn, er ist ein Mensch in einem Metallgehäuse, und damit entstehen die Probleme. Natürlich handeln die anderen Roboter auch nach einer Art sozialer Logik: Für mich sind sie die Arbeiterklasse der Zukunft, ihr Aufstand ist eine neue proletarische Revolution.

Könnten Sie sich bei der rasanten technischen Entwicklung vorstellen, dass ein Roboter einmal die Hauptrolle in einem Film spielen wird?

Nein, auf keinen Fall. In absehbarer Zeit werden Roboter nicht mehr als drei, vier unterscheidbare Bewegungsabläufe beherrschen können. Also müssten 20 verschieden programmierte Exemplare gebaut werden, damit sich aus der Addition ihrer limitierten Fähigkeiten eine einigermaßen wirklichkeitstaugliche Handlung entwickeln lässt. Finanziell macht der Aufwand überhaupt keinen Sinn, da spreche ich aus eigener Erfahrung, schließlich leite ich ein Unternehmen, dass sich auf Animatronics spezialisiert hat.

Aber warum nicht spekulieren? Vor 20 Jahren haben sich die Leute ja auch mit E.T. identifiziert, obwohl es nur ein Klops aus Leder war?

E.T. war ein Stück Leder, das von fünf Leuten mühsam bewegt werden musste. Mit computergenerierten Images, wie wir sie in „I, Robot“ verwendet haben, ist das eine andere Sache: Da haben Sie einen Schauspieler, mit dem die Szenen zuerst gedreht werden und der danach durch animierte Bilder ersetzt wird – das ist die perfekte Verschmelzung von „motion“ und „emotion“. In Zukunft wird es daher noch mehr solche Mischkreaturen wie „Sonny“ oder wie Gollum aus „Herr der Ringe“ geben.