Proteste und Camps vor „Dschungelheimen“

Flüchtlinge und ihre Unterstützer gehen auf Anti-Lager-Tour. An sieben Orten wollen sie zwei Wochen lang vor Abschiebelagern und Gefängnissen gegen die deutsche Asylpolitik protestieren. Erwünscht sind sie nicht

BERLIN taz ■ Offiziell hießen sie bisher „Landesaufnahmestelle für Asylbewerber“, mit dem Zuwanderungsgesetz ist neuerdings auch von „Ausreisezentrum“ die Rede, im Jargon mancher Behörden kursiert auch die Bezeichnung „Dschungelheim“. Seit Jahren werden in der Flüchtlingspolitik neue Projekte geschaffen. „Doch das Ziel bleibt“, sagt Doris Fenzer vom bundesweiten Vorbereitungsbündnis der Anti-Lager-Tour: „menschenverachtende Lebensbedingungen und soziale Isolation von Flüchtlingen.“

Exemplarisch hierfür ist aus ihrer Sicht die „Gemeinschaftsunterkunft“ Tramm in Mecklenburg-Vorpommern: Über 200 Flüchtlinge leben in drei heruntergekommenen Wohnblöcken einer ehemaligen NVA-Kaserne mitten im Wald. Videoüberwacht und hinter Stacheldrahtzäunen müssen die Asylbewerber häufig jahrelang auf ihren Bescheid warten. Leistungen erhalten sie nur in Form von Lebensmittelgutscheinen, die medizinische Versorgung ist oft unzureichend und die Stadtgrenzen dürfen sie auch nicht verlassen. „Dem Lager entkommen sie nur, wenn sie abgeschoben werden, freiwillig ausreisen oder untertauchen“, sagt Fenzer.

Zusammen mit dem antirassistischen Netzwerk „Kein Mensch ist illegal“ ruft der Vorbereitungskreis zur „Anti-Lager-Tour“ auf. Mit Demonstrationen und Camps vor Asylbewerber-Unterkünften und Abschiebegefängnissen wollen mehrere hundert selbstorganisierte Flüchtlinge zusammen mit Unterstützergruppen 17 Tage lang gegen die Flüchtlingspolitik in Deutschland protestieren. Beginnen soll die Tour am Freitag in Bramsche bei Osnabrück – seit die CDU-Landesregierung das „Ausreisezentrum“ auf 550 Plätze aufgestockt hat, das größte Abschiebelager in Deutschland. Zweimal war Bramsche allein im vergangenen Monat in den Schlagzeilen, weil Asylbewerber gegen ihre miserablen Heimbedingungen demonstriert haben.

Von dort aus wollen die Demonstranten im Autokonvoi weiter zum Frauen-Abschiebegefängnis in Neuss fahren, am Flughafen Hannover-Langenhagen protestieren und unter anderem in Berlin, Halberstadt und Parchim campieren.

Willkommen sind die Demonstranten nicht. Im brandenburgischen Eisenhüttenstadt, der letzten Station der Anti-Lager-Tour, hat das Ordnungsamt den Pächter angewiesen, die Zusage einer bereits bewilligten Zeltwiese zurückzunehmen. Die Demonstranten seien nicht erwünscht, heißt es. FELIX LEE