Thailands Einschulungsquote: 104,8 Prozent

Das Land sieht die Millenniumsziele bei der Primarbildung, der Politik gegen Armut und beim Kampf gegen HIV erreicht

BANGKOK taz ■ Die thailändische Regierung klopft sich stolz auf die Brust. Im Ende Juni veröffentlichten Länderbericht zu den „acht Millenniumszielen 2015“ hob das Land hervor, dass es mindestens drei Ziele bereits erreicht habe. Neben dem Kampf gegen Armut und gegen die Verbreitung von HIV/Aids verweist es auf die Fortschritte der Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen im Bildungssystem.

Nach der sechsjährigen Grundschule gebe es an höheren Schulen und Universitäten sogar mehr Mädchen als Jungen. Allein die Zahl der Grundschulanmeldungen sei im Zeitraum von 1992 bis 2002 von 99,2 auf erstaunliche 104,8 Prozent eines Jahrgangs gestiegen – einschließlich erwachsener Schulanfänger, die bisher noch keine Schule besucht haben. Damit seien gleich zwei UN-Ziele erreicht: Grundschulbildung für alle Kinder und Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern. Während 1992 noch 70,1 Prozent der Schüler die Grundschule beendeten, waren es sechs Jahre später bereits 80,4 Prozent. Offiziell liegt die Alphabetisierungsrate in Thailand bei über 95 Prozent.

Allerdings hat die qualitative Entwicklung nicht mit der quantitativen Schritt halten können. Untersuchungen der Nationalen Kommission für Grundschulerziehung haben ergeben, dass die Kenntnisse der Schüler in den Naturwissenschaften äußerst mangelhaft sind. Auch die Englischausbildung lässt zu wünschen übrig.

Der Besuch von Elementarschulen ist zwar kostenlos. Doch viele Familien aus den verarmten Regionen im Nordosten oder Süden können es sich nicht leisten, Geld für Kleidung oder Fahrtkosten aufzubringen. Auch Sprösslinge von Arbeitsmigranten sowie an HIV oder Aids erkrankte Kinder bleiben oft vom Schulbesuch ausgeschlossen. Die seit Anfang Januar andauernde Gewalt in den Südprovinzen hat zudem dazu geführt, dass Schulen zeitweise geschlossen wurden.

Trotzdem steht Thailand besser da als mancher südostasiatische Nachbarstaat. Indonesien leidet bis heute an den Folgen der Asienkrise. Dort ging die Zahl der Grundschüler zwischen 1997 und 1998 von 95 auf 93,7 Prozent zurück. Rund 3 Millionen Kinder verließen die Schule. Immer noch muss etwa die Hälfte der 220 Millionen Indonesier mit weniger als 2 US-Dollar täglich auskommen. Weil das Budget für staatliche Erziehungsprogramme in den vergangenen Jahren ständig gesunken ist oder die Gelder irgendwo versickerten, kam damit auch der Neubau von Elementarschulen in der Hauptstadt Jakarta zum Erliegen.

Problematisch ist auch die Situation auf den Philippinen. Dabei hatten 1988 immerhin gut 88 Prozent aller Kinder mindestens vier Jahre eine Grundschule besucht. Allerdings leidet das öffentliche Bildungssystem zunehmend unter Korruption, Armut und verkrusteten politischen Strukturen. Während Malaysia immerhin 6,2 Prozent und Thailand 5,4 Prozent seines Staatshaushalts für Bildung bereitstellte, investieren die Philippinen in den Jahren nach der Asienkrise lediglich 3,5 Prozent. Kritiker bemängeln zudem, dass die meisten philippinischen Grundschüler kaum lesen, schreiben und zählen könnten.

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