Paula, wie sie wirklich ist

Vitales Stegreifkino: Regisseur Oliver Paulus über die Schauspielarbeit in seinem Film „Wenn der Richtige kommt“

Schauspieler schauspielern, und von wenigen wahrhaftigen Momenten abgesehen merkt man das auch. Aber was macht dann die Putzfrau Paula in „Wenn der Richtige kommt“? Die ist so linkisch, eigensinnig und unberechenbar, wie das kein Regisseur anweisen könnte. Ihr großes Abenteuer – ihre Liebe zu dem türkischen Wachmann Mustafa, die sie schließlich in die tiefste türkische Provinz führt – wird so vital gezeigt, als wär’s nicht gespielt, sondern gelebt. Der Film ist anrührend und komisch, weil die Akteure alle Szenen spontan entwickelten, und weil Isolde Fischer als Paula sowie die beiden Regisseure Stefan Hildebrand und Oliver Paulus hier einen ganz eigenen Stil des Stegreifkinos entwickelt haben.

taz: Herr Paulus, ihr Film ist aus improvisierten Szenen zusammengesetzt, die jeweils in einer Einstellung gedreht wurden. Mussten Sie da nicht von jeder Szene furchtbar viele Takes aufnehmen, weil so vieles unberechenbar war?

Oliver Paulus: Ganz im Gegenteil, wir haben es uns sogar zur Auflage gemacht, keinen Take zu wiederholen. Und wenn wir dann nicht das bekommen haben, auf das wir gehofft hatten, dann haben wir versucht, eine neue Situation zu kreieren, die etwas Ähnliches bringt. Aber das Ziel dieser Improvisationen war es immer, die Schauspieler zu überraschen, in unvorhersehbare Situationen zu schicken, und dabei dann Augenblicke der Authentizität einzufangen. Sogar der Kameramann wurde jeweils im Unklaren darüber gelassen, wo die Reise jeweils hingehen würde.

Das muss lange Probezeiten nach sich gezogen haben, in denen sich die Schauspieler an die Figuren gewöhnen konnten.

Wir haben vieles probiert, damit die Schauspieler ihre Figuren kennen lernen. Isolde Fischer haben wir zum Beispiel mit einem versteckten Mikrophon ins Kaufhaus geschickt, wo sie dann als Paula ihre Kleider kaufen musste, und dabei haben wir dann erfahren, wie die Leute auf solch eine Frau reagieren. Und Isolde hat auch als Paula eine Woche lang in einer Putzfirma gearbeitet, um in diesem Job alles richtig und glaubwürdig zu machen. Aber nur drei von den Mitwirkenden sind professionelle Schauspieler und der Rest waren Laien, die auch meist im ihnen vertrauten Umfeld gespielt haben.

Sie hatten also kein Drehbuch im traditionellen Sinne, aber doch ein dramaturgisches Gerüst, auf dem sie dann die Szenenfolge aufbauten. Wie hat sich dieses im Laufe der Drehzeit verändert?

Wir sind sehr von der Grundidee abgewichen und haben versucht, flexibel zu sein, gute Angebote anzunehmen und den Ball weiterzuspielen. Man kann sich das vielleicht am besten wie bei einem Dokumentarfilm vorstellen, wo der Filmemacher natürlich schon weiß, was er erzählen will, wo er aber auch viel Material sammelt. Das war dann auch im Schnitt sehr schwer, wir haben anderthalb Jahre lang den Film montiert, um allem eine Form zu geben.

Wie war es für die Schauspieler, sich so in Ihre Hände zu begeben?

Isolde Fischer war daran als langjährige Theater-Improvisationskünstlerin schon gewohnt. Anders war das bei Helga Grimme, die ja eine „grande dame“ des Theaters ist. Sie musste uns blind vertrauen, hat sich auch ganz darauf eingelassen und war hinterher begeistert von dem Ergebnis. Interview: Wilfried Hippen

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