Kritiker fordern weltweite Gentechniklobby heraus

Ein breites Bündnis aus Gegnern der grünen Gentechnologie organisiert in Köln eine Gegenkonferenz zum Treffen der Lobbyisten aus Wissenschaft, Politik und Industrie. Die machen sich am Wochenende ebenfalls in Köln für den weltweiten Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut stark

KÖLN taz ■ Bislang werden europaweit nur in Spanien und einigen kleinen Versuchsflächen in Deutschland genveränderte Pflanzen angebaut. Das soll anders werden, geht es nach der Gentech-Industrie. In Köln treffen sich ab Sonntag Lobbyvertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zur „Agricultural Biotechnology International Conference“ (ABIC). Erstmals findet die laut Veranstalter weltweit wichtigste Biotechnologiekonferenz in Europa statt. Vom 12. bis 15. September soll hier der globale Einsatz gentechisch veränderten Saatguts vorangetrieben werden. Auf der begleitenden Fachmesse stellen Branchenriesen wie Bayer CropScience, BASF, Monsanto und Syngenta aus. Gegner der Gentechnologie fürchten einen Dammbruch und rufen parallel zu einer Gegenkonferenz in Köln auf.

Brot für die Welt, Misereor, Greenpeace, BUND Köln, Attac Köln und andere Organisationen wollen sich am 12. September mit den Positionen der Gentech-Lobby auseinander setzen. Unter anderem wird Afsar H. Jafri aus Indien sprechen. Er ist Mitarbeiter der Navdanya Research Foundation for Science, Technology and Ecology, die von Vandana Shiva, Trägerin des alternativen Nobelpreises, gegründet wurde. Ziel der Foundation ist die Sicherung der Ernährung und wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Bevölkerung armer Länder, auch durch Bewahrung alten Saatgutes durch Nachzüchtung.

Geht es nach dem BUND, soll Deutschland eine Genpflanzen freie Zone bleiben. Sein besonderes Augenmerk gilt Köln, der Kernregion der nordrhein-westfälischen Biotechnologie „BioRiver“, die allein über 200 Unternehmen zählt. Der nordrhein-westfälische BUND und dessen Kölner Kreisgruppe Köln haben deshalb den Rat der Stadt angesichts in diesem Jahr auslaufender Pachtverträge aufgefordert, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf stadteigenen Ackerflächen generell nicht zuzulassen (taz berichtete).

Das Argument der Industrie, Gentechnik sei ein Mittel im Kampf gegen den Hunger in der Welt, überzeugt Bernd Nilles vom Hilfswerk Misereor nicht. Man sei nicht prinzipiell gegen Biotechnologie, bei Gentechnologie aber skeptisch, „weil sie viele Begleitrisiken hat“, so Nilles. „Außerdem sehen wir neben hohem technologischen Aufwand hohe Kosten und sind uns daher sicher, dass die Armen keinen Nutzen aus dieser Technologie ziehen können.“

Misereor setzt auf nachhaltige Landwirtschaft und die Stärkung funktionierender, kostengünstiger Strukturen über den gerechten Zugang zu Land, Wasser, Saatgut und landwirtschaftlichen Produktionsmitteln. Phytowelt, Veranstalterin der ABIC, bekundet Interesse am offenen Gespräch mit Kritikern, doch Nilles erwartet davon nicht viel. Zwar finde am 12. September im Rahmen der ABIC eine Podiumsdiskussion statt, die Fragen blieben aber einer Schülergruppe vorbehalten, nicht Fachleuten. „Das ist letztendlich nur eine Riesenwerbeveranstaltung für die grüne Gentechnik in Europa.“Volker M. Leprich