Tarzanschrei der Steuerzahler

Jährlich werden 30 Milliarden Euro verschwendet, klagt der Steuerzahlerbund in seinem Schwarzbuch – vor allem durch Fördermittel. Beweise gibt es nicht immer

BERLIN taz ■ Eine umwerfende Verschwendung: 48.000 Euro hat die Stadt Herford für die Kunstausstellung „Leere & Visionen“ ausgegeben. Dazu gehörte auch ein „Tarzan-Schrei“, der aus einem Lautsprecher vor dem Gebäude kam. Dieser haute mehrere Radfahrer vor Schreck aus dem Sattel. Und so kamen noch Kosten für ein Warnschild auf die Stadt zu.

Diesen und 110 andere Fälle, in denen mit Steuermitteln unwirtschaftlich umgegangen wurde, dokumentiert der Bund der Steuerzahler wie jedes Jahr in seinem Schwarzbuch. Gestern hat Steuerzahlerpräsident Karl Heinz Däke die Ausgabe 2004 in Berlin präsentiert. Däke zufolge versanden in jüngster Zeit Steuergelder in unsinnigen Förderprojekten und Politikgutachten, die anschließend ungenutzt in den Schubladen der Amtsstuben landen.

In der Kritik des diesjährigen Schwarzbuches steht unter anderem das mehr als 20 Millionen Euro teure Fernsehprojekt German-TV, mit dem die Bundesregierung das deutsche Image im Ausland verbessern wollte und das nun vermutlich eingestellt wird. Insgesamt werden laut Däke jährlich rund 30 Milliarden Euro von Bund, Ländern und Kommunen verschleudert.

Däkes Problem: Er kann nur rund 750 Millionen davon in seinem Buch beweisen. Der Rest beruht auf Schätzungen. Dieter Ondracek, Vorsitzender der Steuergewerkschaft, moniert deshalb: „Hier werden Zahlen in die Welt gesetzt, die in keiner Weise belegt sind.“ So sei unter anderem der vom Bund der Steuerzahler genannte „Space-Park“ in Bremen, der den Steuerzahler 200 Millionen Euro gekostet haben soll, zunächst von privaten Investoren in den Sand gesetzt worden. „Die öffentliche Hand hat nur die Infrastruktur gestellt“, sagte Ondracek der taz. Und das sei bei der Hoffnung auf Arbeitsplätze durchaus berechtigt.

Seit 1949 kämpft der Bund der Steuerzahler, der sich selbst das „Finanzgewissen der Nation“ nennt, für eine sparsame und wirtschaftliche Verwendung von Steuergeldern – nicht immer ohne Kritik. Zum Beispiel wegen seiner Mitgliederwerbung, die der angeblich unabhängige Verein gemeinsam mit der Hamburg-Mannheimer Versicherung betrieb. Auch geriet der bayerische Landesverband der Steuerzahler in Verruf, weil von ihm vergebene Auszeichnungen auffällig häufig an Regierungspolitiker der CSU gingen. Zuletzt an Staatskanzleichef Erwin Huber, der einige gescheiterte Online-Projekte zu verantworten hat.

KARIN LOSERT