Airbus fliegt auf Handelsklage

US-Konkurrent Boeing will günstige Kredite der EU von der WTO verbieten lassen. Der subventionsabhängige Flugzeugbauer könnte sich ins eigene Fleisch schneiden

BERLIN taz ■ Die Woche hätte für den europäischen Flugzeugbauer Airbus nicht besser beginnen können. Neue Milliardenaufträge aus Jordanien und Libyen, im ersten Halbjahr 224 Flugzeuge mehr verkauft als im gleichen Zeitraum des Rekordjahres 2003. Die Krönung: eine Klage der US-Regierung vor der Welthandelsorganisation gegen die EU wegen staatlicher Hilfen für die Flugzeug-Entwicklung.

Branchenkenner gehen davon aus, dass sich Boeing damit selbst schadet. Ohne die Unterstützung der US-Regierung sei das Unternehmen kaum lebensfähig. Geht die Klage verloren, stehen auch diese US-Hilfen zur Disposition. Dennoch sucht Boeing-Chef Harry Soneciphey die direkte Konfrontation. Seine Analyse: Airbus ist groß genug, zwischenzeitlich gar zum Marktführer aufgestiegen. Europäische Subventionen braucht das Unternehmen nicht mehr.

Von Subventionen will Airbus auch nicht sprechen. Die Europäische Union, die Gegenklage eingereicht hat, schon gar nicht. Zinsgünstige Kredite seien das, heißt es in einer Verlautbarung der Europäischen Kommission. Grundlage ist eine staatliche Vereinbarung aus dem Jahr 1992. Demnach gibt es für beide Konzerne zwei legale Wege, um an staatliches Geld zu kommen. Den ersten nutzt Airbus: Bis zu 33 Prozent der Entwicklungskosten können vom Staat geliehen werden. Beispiel A 380: Die Entwicklung des neuen Großraumflugzeuges mit 550 Sitzplätzen kostet etwa 12 Milliarden Dollar. Die EU hilft mit einem Kredit über 3,2 Milliarden Dollar.

Robert Zoellick, US-Handelsbeauftragter, hat die Vereinbarung aufkündigt. Dabei profitierte Boeing mehr als Airbus. Der Kontrakt erlaubte, indirekte staatliche Hilfen in Höhe von bis zu 4 Prozent des Konzernumsatzes einzustreichen. Davon muss nichts zurückgezahlt werden. 23 Milliarden US-Dollar sollen seit 1992 geflossen sein. Allerdings wird vermutet, dass Boeing diese Grenze in den vergangenen Jahren sehr weiträumig umgangen hat.

Einer Studie der State University of New York zufolge würde Boeings neuer Superjet 7 E 7 ohne Hilfe der öffentlichen Hand niemals abheben. Die Hälfte der Entwicklungskosten des sehr leicht gebauten Mittelklasseflugzeuges bringen Steuerzahler auf. Auch japanische: Boeing hat einen beträchtlichen Teil der Entwicklung dorthin ausgelagert und kassiert dafür japanische Subventionen. Nach den WTO-Regeln ein illegales Vorgehen.

Hinzu kommen lukrative Rüstungsgeschäfte. Einen großen Teil seines Geldes verdient Boeing inzwischen mit militärischen Aufträgen. Immer häufiger zahlt das Pentagon anstandslos weitaus höhere Preise als ursprünglich vereinbart. „Ein Sprung von 2 auf 3 Milliarden Euro fällt kaum noch ins Gewicht“, sagt Otfried Nassauer, Direktor des Berliner Informationszentrums für transatlantische Sicherheit (Bits). Bis zu einer Entscheidung der WTO verstreichen in der Regel mehrere Jahre. THORSTEN DENKLER