Schleich dich, Maier Sepp

Deutschlands „Bundes-Torwarttrainer“ empfiehlt einem Nationaltorhüter, sich „aufzuhängen“. Ja, wo sind wir denn hier? Damit hat Bundestrainer Klinsmann keine Wahl: Er muss Maier ziehen lassen

VON PETER UNFRIED

Sepp Maier war ein großer Torhüter. Und galt zudem als großer Spaßmacher. Einmal sprang er nach einer Ente. Das war offenbar mit Abstand das Lustigste, was in den 70ern in einem Fußballstadion los war. Jedenfalls, wenn man zeitgenössischen Berichten glauben will. Heute ist Maier Torwarttrainer des Deutschen Fußball-Bundes. Gerade hat er Jens Lehmann, einem von derzeit drei Torhütern der Nationalmannschaft mitgeteilt, er könne sich „aufhängen“.

Mancher wird sagen: Ja mei, ihr kennt’s doch den Sepp. Oder: Jeder wisse, spätestens seit seiner erschreckende Einblicke gewährenden Autobiografie, dass der ehemalige Nationaltorwart und Fußballweltmeister von 1974 nie durch nachdenkliche Sätze aufgefallen sei. Oder: Fußball sei ein einfaches Spiel, wo halt gehobelt werde.

Nein. Im Fall des Josef Maier (60) kann man leider nur noch sagen: So geht es nicht. Der gestern in Bild publizierte Satz: „Da kann sich Lehmann aufhängen“, ist sicher an manchem Stammtisch sprechbar. Er ist aber auch vom größten Dummbeutel nicht akzeptabel – wenn dieser so genannter Bundes-Torwarttrainer ist. Auch nicht, wenn er von Lehmann fachlich kritisiert wurde.

Zunächst offenbart sich eine sprachliche und geistige Verrohung, die – Entschuldigung, aber ich meine das ernst – nicht zu vereinbaren ist mit einem einigermaßen akzeptablen Umgang zwischen Menschen. Er ist übrigens auch ganz und gar nicht mit der gerne eingeklagten Vorbildfunktion des deutschen Vorzeigeunternehmens „Nationalmannschaft“ in Einklang zu bringen – gerade im Hinblick auf die WM 2006. Zudem offenbart sich vor deren drittem Testspiel am Samstag im Iran ein tiefer Dissens zwischen dem neuen Bundestrainer Jürgen Klinsmann (40) und seinem Torwarttrainer.

Klinsmann hatte just den drei Kandidaten Kahn, Lehmann und Hildebrand einen neu eröffneten Wettbewerb um den Posten im deutschen Tor angekündigt. Maier dagegen ist so kategorisch überzeugt, dass Oliver Kahn „der bessere“ ist, dass er Lehmann zum Suizid rät. Das passt nicht zusammen. Gleichzeitig betont Maier, er sage das nicht, weil „ich seit elf Jahren mit Olli bei Bayern zusammenarbeite“.

Ach, nein? Damit benennt Maier den Kern des Problems: Kann es gut sein, dass jemand „Bundes-Torwarttrainer“ ist, der gleichzeitig seit über einem Jahrzehnt Heimtrainer eines Nationaltorwartes ist ? Die Antwort ist: Ja. Für Oliver Kahn. Nein: Für alle anderen Kandidaten. Sie haben bei Maier nur eine Chance. Welche das ist, hat Lehmann drastisch gesagt bekommen.

Hinter all dem steht also letztlich die Frage: Wie mächtig ist Oliver Kahn? Und wie mächtig sollte er in Zukunft sein? Klar ist: Sepp Maier ist ein Mann von gestern. Stilistisch sowieso in einem Team, das von gebildeten oder zumindest imagebewussten Vollprofis wie Klinsmann und Oliver Bierhoff umgekrempelt wird. Als Teil einer anachronistischen Klüngelwirtschaft, die die beiden gerade dabei sind zu zerschlagen oder zumindest in ihrem Sinne neu zu ordnen. Und übrigens möglicherweise auch fachlich. Maier war der Keeper der 70er: Der Mann, der am Sechzehner draußen die Bälle runterpflückte. Auf denen allerdings Schnee lag, so langsam kamen sie damals geflogen. Kahn war der große Keeper der 90er. Heute ist auch er ein Anachronismus im Weltfußball – der letzte Torhüter, der nicht Fußball spielen kann. Ein Problem, das seit Jahren virulent, sein Trainer Maier aber nie korrigiert hat.

Keiner weiß, ob Maiers Offenlegung seines geistigen Zustandes den Erneuerern Klinsmann und Bierhoff womöglich gar nicht ungelegen kommt beim Versuch, die Klitsche DFB von Altlasten zu befreien. Nach dem Eklat kann es jedenfalls nur eine Konsequenz geben: Klinsmann und Bierhoff müssen Sepp Maier entlassen. Es ist besser.

Nicht für Maier. Nicht für Kahn. Bloß für Deutschland.