Die Angst des Sponsors beim Finanzieren

Die traditionellen Hertener Fototage sind passé. Weil der Hauptsponsor AGFA weitere Unterstützung versagte, zieht das Festival in den Süden der Republik um. Dort will man das Festival dauerhaft etablieren – ohne AGFA

HERTEN taz ■ „Bis nach Tokio hat man uns wahrgenommen“, sagt Hansjoachim Nierentz. Doch jetzt ist sein „Lebenswerk“, die Hertener Fototage, Vergangenheit – zumindest für diese Region. Das Festival, ein Konglomerat mehrerer Ausstellungen, das seit mehr als zehn Jahren im Revier heimisch war, zieht um nach Mannheim und Ludwigshafen. Grund: Der Hauptsponsor der Fototage, der Schnappschuss-Riese AGFA, hat sich aus dem Sponsoring zurück gezogen.

Der Leverkusener Konzern hatte in der Vergangenheit immer wieder seine Zuschüsse gekürzt, um sich nun vollkommen auszuklinken. „Wir haben unser ganzes Sponsoring-Paket fast auf Null reduziert“, sagt Unternehmens-Sprecher Hartmut Hilden. Das Einzige, was er sich noch vorstellen könnte, wäre ein Materialsponsoring, „mit ein paar Quadratmetern Fotopapier oder so“. Grund für den Rückzug sei die Schieflage der Fotosparte, insbesondere infolge der fortschreitenden Digitalisierung, so Hilden. AGFA habe im ersten Halbjahr 2004 rund 30 Millionen Euro Verlust gemacht. „Da müssen wir mit unseren Mitteln sehr stark haushalten.“

Fragt man Hilden, ob der Konzern die Aufgabe der Fototage bedauere, sagt er: „Ja, schon, aber es hilft ja nix.“ Dass sich seine Klage in Grenzen hält, hat vermutlich damit zu tun, dass AGFA die Fototage nicht mehr als geeigneten Werbeträger sieht. „In erster Linie war das eine riesige Werbung für Herten“, weiß Hilden. Sein Unternehmen sei von der Presse nur wenig beachtet worden. Interessant ist dahingehend, dass die Fototage nicht ausschließlich Nierentz‘ Fotoleidenschaft entsprungen sind. Es heißt, AGFA sei die Kooperation mit dem Festival damals sehr zupass gekommen. Zumal Nierentz früher bei AGFA beschäftigt war, als Pressesprecher. Die Idee zu den Fototagen sei sozusagen im Konzern erst gereift.

Doch Nierentz sieht in der regionalen Pleite des Festivals nicht seinen ehemaligen Arbeitgeber als Hauptschuldigen, sondern vielmehr die Politik. Der frühere NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) habe dem Festival vor seiner Berufung nach Berlin eine dauerhafte Förderung zugesichert. Doch dann verschwand Clement und „sein Nachfolger hat das dann nicht mehr für so wichtig gehalten“, sagt Nierentz. Überdies sei der Plan, die Fototage aus dem Etat des Theater-Festivals RuhrTriennale zu finanzieren, jäh gescheitert: „Keinen müden Euro“ bekomme er, habe die knappe Aussage damals gelautet. Aus Kreisen der zuständigen Projekt Ruhr GmbH heißt es hingegen, man hätte über eine Unterstützung sprechen können – wenn die privaten Partner weiter dabei geblieben wären.

Für Susanne Barth, zuständig für Kulturwirtschaft bei der Stadt Herten, ist der Weggang des Festivals ein „Imageverlust“ für ihre Stadt. Dabei hat die den Fototagen letztlich auch nicht mehr finanziell unter die Arme gegriffen. „Wir haben aber organisatorisch und personell mitgeholfen“, sagt Barth. Das sei nicht zu verachten. Doch Finanzen hin oder her. Im Süden der Republik funktioniert das Festival offenbar auch ohne den großen Geldgeber AGFA. Dort wolle man die Fototage „dauerhaft etablieren“, sagt Nierentz. Dem Revier bleiben folglich nur Fotos von den Fototagen. BORIS R. ROSENKRANZ