Als Mann kämpfen, um Frau zu werden

Thailands homoerotische Sportszene beschert den norddeutschen queerfilm-Festivals mit „Beautiful Boxer“ ein authentisch-schönes Sportlerepos

KünstlerInnen oder PolitikerInnen können bei uns inzwischen offenbaren, dass sie schwul oder lesbisch sind, ohne dass dadurch automatisch ihre Karriere beendet wäre, aber beim Sport sieht dies noch ganz anders aus. Eine lesbische Tennisspielerin mag da noch angehen, aber ein schwuler Fußballer oder Boxer?

In Thailand jedoch scheint es so etwas wie eine homoerotische Sportszene zu geben, denn schon vor einigen Jahren kam von dort die Komödie Sa tree lex, die vom Aufstieg eines schwul-transigen Volleyballteams bis in die höchste Liga erzählt. Eine wahre Geschichte – und dann auch ein international gefeierter Film.

Beautiful Boxer von Ekachai Uekrongtham ist ganz ähnlich konzipiert. Man hat dem Film für den westlichen Markt noch eine Rahmenhandlung mit einem amerikanischen Journalisten verpasst, dem der Titelheld in rudimentärem Englisch seine Geschichte erzählt. Oder besser ihre, denn Nong Toom war in Thailand in den 90er Jahren als kickboxender Transvestit berühmt. 1999 hatte er das Geld für eine Geschlechtsumwandlung zusammen und ist seitdem auch körperlich eine Frau.

Diese paradoxe Geschichte von einem, der boxt wie ein Mann, um eine Frau zu werden, erzählt der Regisseur Uekrongtham in seinem Debütfilm ganz aus der Perspektive von Nong Toom. Zuerst sehen wir ihn als kleinen Jungen, der auf dem Jahrmarkt lieber der Vorführung einer traditionell geschmückten Tänzerin als den kämpfenden Männern im Boxring zusieht. Nach dieser Urszene hütet der zierliche Junge einen Lippenstift wie einen Schatz und schminkt sich heimlich. Anders als sein Bruder zeigt er am Thaiboxen keinerlei Interesse, bis sich durch einen Zufall zeigt, dass er Talent dafür hat, und er begreift, dass er mit dem verdienten Geld seine Familie unterstützen kann. Seine Vorliebe für Makeup und seidene Tücher hält er geheim, aber natürlich entdeckt man ihn irgendwann in Frauenkleidern. Ein Manager kommt dann auf die Idee, diese exotische Erscheinung eines geschminkten Boxers zu vermarkten.

Alle Machoboxer sind ganz scharf drauf, den „weibischen“ Gegner zu schlagen, aber Nong Toom gewinnt fast jeden Kampf und entwickelt zudem einen ganz eigenen Stil, indem er mit Blumen und bunten Bändern beschmückt in den Ring steigt und dort tanzt.

Wie sein Protagonist zwischen den Geschlechtern steht, so hat Uekrongtham auch seinen Film zwischen zwei Genres angelegt. Einerseits ist Beautiful Boxer eine Sportlerbiografie, in der die wichtigsten Wettkämpfe des Helden nachinszeniert wurden. Intensiver aber wirken die ruhigen Szenen, bei denen sich der Filmemacher viel Zeit dafür nimmt, einfühlsam zu zeigen, wie Nong Toom sich langsam zur Frau entwickelt. Da gibt es auch ein paar hemmungslos kitschige Traumsequenzen, in denen Nong Toom sich in einer paradiesischen Landschaft als Frau imaginiert. Als Kontrapunkte zu den realistisch gefilmten Kampfszenen sind diese Szenen allerdings sehr wirkungsvoll.

Mit Asanee Suwan hat einer der erfolgreichsten Kickboxer Thailands die Titelrolle übernommen, so dass die Kämpfe absolut authentisch wirken. Aber die große Überraschung von Beautiful Boxer besteht darin, dass er genauso natürlich und glaubwürdig auch als schöne Frau mit langem Haar und in Stöckelschuhen wirkt.

Wilfried Hippen

„Beautiful Boxer“ (O mit engl. U) sowohl in Hamburg auf den Lesbisch Schwulen Filmtagen (Sa, 16.10., 22.30 Uhr, CinemaXx) als auch in Bremen auf dem 11. Queerfilm Festival (So, 17.10., 20.30 Uhr, Kino 46)