unterm strich
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Eine Provokation ohnegleichen, die in den USA bisher kaum denkbar war, hat sich der Comic-Autor Art Spiegelman geleistet. Während der Vorstellung seines neuen Comic-Buchs „Im Schatten keiner Türme“ in der Glenbrook South Highschool bei Chicago hat der New Yorker Zeichner in neunzig Minuten fünf Zigaretten geraucht. In einem öffentlichen Gebäude zu rauchen wäre in den USA alleine schon Skandal genug und wurde auch sofort als Kulturkritik am Zustand der Nation verstanden. Zum echten Politikum wurde diese Aktion aber erst, als Spiegelman auch noch darauf hinwies, dass man dies in Paris ungestraft tun dürfe. Wo doch allein die französischen Sprachkenntnisse des demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry schon ausreichen, um ihn in den Augen der Republikaner unmöglich zu machen. So macht Spiegelman, der für seinen Comic „Maus“ 1992 den Pulitzer-Preis erhielt, auch keinen Hehl aus seiner Präferenz für die Demokraten. In einem Comic-Strip zum republikanischen Parteitag in New York stellt er die Republikaner als „kaltblütige Reptilien“ dar. Seinen neuen Comic „Im Schatten keiner Türme“ allerdings will Spiegelman nicht als politischen Text verstanden wissen. Hier schildert der Autor seine direkten Wahrnehmungen nach den Anschlägen auf das World Trade Center 2001, in dessen unmittelbarer Nähe er wohnte.

Für Provokationen in ihrer Heimat sorgt auch eine Autorin, von der nun ein neuer Erzählband auf Deutsch erschienen ist. In „Deine Nacht, mein Tag“ schreibt die chinesische Schriftstellerin Mian Mian über das wilde Nachtleben in ihrer Heimatstadt Schanghai, von Drogen und Sex und der Suche nach dem absoluten Kick. In China sind die Bücher der jungen Autorin, die zur Jungliterarinnen-Gruppe der „Beauty Writers“ aus Schanghai zählt, nur zensiert zu bekommen. Ihr Erstling „La La La“ wurde nur drei Tage nach Erscheinen in Hongkong verboten. Zwar ist die literarische Qualität ihrer freizügig und einfach geschriebenen Texte umstritten, aber eins sind sie auf jeden Fall: „Ein Zeitdokument der jungen Szene Schanghais“, so Online-Redakteurin Yuelei Hu von der China-Redaktion der Deutschen Welle.