Für Schmiergeld nach Deutschland

Das Auswärtige Amt wird die Einreiseregeln verschärfen. Grund dafür sind Missstände bei der Visa-Vergabe

BERLIN dpa ■ Das Auswärtige Amt verschäft die Einreiseregeln. Grund: In jüngster Zeit wurden zahlreiche Missstände bei der Visumvergabe bekannt. Staatssekretär Jürgen Chrobog, Außenminister Joschka Fischers (Grüne) Mann für schwierige Fälle, will in Kürze einen neuen Erlass mit strengeren Regeln herausgeben. „Wir sind ein offenes Land“, sagt Chrobog. „Aber wir geben kein Visum, wenn Missbrauchgefahr besteht.“

Auch personelle Konsequenzen wurden gezogen. In Albaniens Hauptstadt Tirana wird gegen zwei Botschaftsangehörige ermittelt. Sie stehen im Verdacht, gegen Schmiergeld Visa ausgestellt zu haben. 350 Langzeitvisa hat das Auswärtige Amt inzwischen annulliert. Ein Inspektionsteam reiste nach Albanien, um die Vorfälle zu untersuchen. Innenminister Otto Schily (SPD) ärgert sich besonders über Fälle, in denen mutmaßliche Islamisten die Einreise gelingt. In der deutschen Botschaft Algier erhielt ein unter Terrorverdacht stehender Algerier ein Visum zur Familienzusammenführung und reiste nach Deutschland ein. Er hat das Land aber inzwischen wieder verlassen.

Chrobog will die neuen Einreiseregeln nicht als Radikalkur sehen. Vielmehr hätten die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA den Ermessensspielraum bei der Visumvergabe eingeengt. Der Staatssekretär reiste in problematische Städte wie Moskau und Kiew und machte sich ein Bild von der Arbeit der Visumstellen. Besonders die einheimischen Angestellten stünden „unter einem Riesendruck“, sagte Chrobog. Mafia, Verwandte, Bekannte rückten denen zu Leibe, die am Tor zur reichen Welt sitzen. Auf den Straßen vor den Konsulaten bilden sich oft lange Schlangen. Händler verkaufen gefälschte Reisedokumente. In den Konsulaten prüfen Experten dann jedes Dokument. Um die Angestellten dem Druck zu entziehen, rotieren sie an den Antrags- und Abholschaltern.

Um Schleusern auf die Spur zu kommen, wird künftig auch eine „Einlader-Datei“ eingeführt. Damit kann ermittelt werden, welche Personen oder Firmen systematisch und massenhaft Einladungen nach Deutschland ausstellen. Damit den deutschen Konsularbeamten künftig keine Irrtümer mehr passieren, bekommen sie Anfang des Jahres ein elektronisches Visa-Handbuch. Da können sie alle Regeln nachlesen.