VIEL VERDIENEN, VIEL ERZIEHEN, VIEL KASSIEREN
: Der Reiz des Elterngeldes

Renate Schmidts Elterngeld ist eine Strategie mit vielen hehren Zielen. Es soll Väter zum Wiegendienst ermutigen, Mütter zur frühen Rückkehr ins Büro drängen, Gutverdienern Lust auf Nachwuchs machen. Bleibt Mutter oder Vater zum Kinderhüten daheim, will die Bundesfamilienministerin nur noch ein Jahr lang Elterngeld bezahlen. Dafür aber eine stattliche Summe, die sich am letzten Verdienst orientiert.

Die Idee ist sinnvoll, gerade weil Deutschland so rückständig ist. Unlängst erst zeigte eine Studie, wie starr Firmen an der Tradition festhalten, Frauen selbst für die gleiche Arbeit schlechter zu bezahlen. Auch wählen Frauen oft Berufe, die mehr dem Menschen dienen als dem Kontostand, werden eher Sozialpädagogin als Ingenieurin. Wird ein Kind geboren, gebietet schon der Lohnbescheid: Papa arbeitet an der Karriere, Mama am Wickeltisch. Mit dem Elterngeld würde die Auszeit vom Job auch für den Besserverdienenden lukrativ. Zudem erleichtert es Paaren die Entscheidung für ein Kind, gerade wenn ein Gehalt nicht für den Diesel-Kombi und die Vierzimmerwohnung reicht.

Dass das Zusatzgeld den Staat unzumutbar belastet, ist unwahrscheinlich. Wenn Mutter oder Vater nach nur einem Jahr in den Job zurückkehren, kann der Staat an Steuern gewinnen, was er vorher auszahlen musste. Und: Je eher eine Mutter in den früheren Job zurückkehrt, desto geringer die Gefahr, dass sie dort niemanden mehr kennt und niemand sie braucht – geschweige denn befördern will.

Dennoch werden auch mit dem neuen Elterngeld viele Frauen auf ein Kind verzichten, weil sie um die Karriere fürchten. Ein Babyboom, der Millionen künftige Einzahler in die Rentenkasse generiert – der ist allein mit einer Maßnahme nicht zu erreichen. Wer die Eltern eines Einjährigen zurück in den Job bringen will, muss ausreichend Kitaplätze schaffen. Wer mehr Väter zu Hausmännern machen möchte, muss die Firmenkultur verändern, die die Babypause für den Mann als Karriere-Ende begreift. Das Elterngeld ist kein Alleinheilmittel – aber ein Anfang. COSIMA SCHMITT