Kein Häuserkampf am Schwarzen Meer

Der Landesdenkmalschützer in der Debatte um den Erhalt der historischen Gebäude des Klinikums Mitte als Kompromissler auf. Im Viertel ringt man noch um Nutzungskonzepte, während sich die Kaufinteressenten schon die Klinke in die Hand geben

Bremen taz ■ Der Landesdenkmalschützer hat im Steintorviertel den Wettlauf mit der Zeit angetreten. Rund 80.000 Quadratmeter Fläche samt historischen Gebäuden stellt das Klinikum Mitte jetzt zum Verkauf – um daraus einen Neubau zu finanzieren, der die Wettbewerbsfähigkeit des Krankenhauses steigern soll. Schon sprechen im Klinikum Kaufinteressenten vor – und geben quasi im Hinausgehen dem Denkmalschützer Georg Skalecki die Klinke in die Hand. Denn der hat von den weitreichenden Veränderungen im Karree zwischen Schwarzem Meer, Bismarck- und Sankt-Jürgen-Straße erst aus der Zeitung erfahren – und kümmert sich nun „aufgeschreckt“ um den Erhalt von Bewahrenswertem.

Drei das Stadtbild prägende Gebäude an der Sankt-Jürgen-Straße hat Skalecki auf seiner vorläufigen Schutzliste vermerkt. Neben der ehemaligen Hals-Nasen-Ohrenklinik – dem einzigen denkmalgeschützten Gebäude auf dem ganzen Klinikgelände – will er die Innere Medizin an der Ecke Bismarckstraße und den roten Backsteinbau der Urologie und Augenklinik Am Schwarzen Meer retten. In die „Schutz-Kategorie eins“ würde etwas weiter östlich gelegen auch die Pathologie fallen – der Sitz des Gerichtsmedizinischen Instituts, dem man von außen noch ansehen kann, dass er einst einen Kapellenanbau hatte. Auch innen stimmt noch manches Detail – doch um Details geht es dem Landesdenkmalschützer nicht. „Uns kommt es auf den Erhalt der städtebaulichen Grobform an“, betont er. Skalecki schützt nicht nur Denkmäler – sondern auch den Ruf seiner Arbeit, der fälschlicherweise nachgesagt werde, „an Enteignung zu grenzen“. Das sei nicht der Fall. Er setze auf Konsens.

Dieser Ansatz von Denkmalpflege scheint im Klinikum Mitte anzukommen. Zwar weist Klinik-Chef Walter Bremermann deutlich auf den Zusammenhang von Liegenschaftenverkauf, Einnahmen und Arbeitsplatzerhalt hin. Wenn das nicht klappe, müsse man aus dem Gelände wohl „ein Museumsdorf“ machen, droht er. Zugleich räumt er aber ein, dass die Klinik den Vorschlag des Denkmalschützers erwäge, wonach das alte Gebäude der „Inneren“ mit seinem historischen Portal in die Neubauplanung an der Bismarckstraße integriert werden könnte. Ansonsten spiele jeder seine Rolle.

„Ich habe auf Wirtschaftlichkeit zu achten“, sagt Bremermann. Wenn der Denkmalschutz die Veräußerung der Gebäude verhindere, dann werde es kritisch. Dann müsse das Land gegebenenfalls auch finanzielle Verantwortung übernehmen. Gegenspieler Skalecki ist unterdessen sicher, dass die weitreichende Bauplanung im Bremer Osten „an oberster politischer Stelle“ thematisiert werden muss. Doch fürchtet er, dass die Klinik überhohe Verkaufserlöse erwarte. „Ich kann natürlich nicht kompensieren, was da fehlkalkuliert wurde“, sagt er. Denkmalschutz könne lediglich Anreize bieten. Den Verkauf beeinträchtige sie nicht. Allerdings müssten Umbauten, die mit einer veränderten Nutzung der Gebäude einhergehen, mit ihm besprochen werden.

Souverän redet Skalecki klein, dass er von den Plänen vorab nicht unterrichtet wurde. „Bislang funktionierte eine Art Gentleman-Agreement zwischen öffentlicher Verwaltung und Denkmalschutz“, sagt er. Das sah vor, Veränderungen öffentlicher Gebäude einvernehmlich zu beraten. Doch seit immer mehr Liegenschaften – wie die Klinik im Zuge der Ausgründung als gemeinnützige GmbH – privatisiert werden, werde das schwer. Im Krankenhaus gibt man sich ahnungslos. „Wir dachten, das alte HNO-Gebäude wäre das einzige Denkmal – und Schluss“, heißt es dort.

Wo er kann, mischt sich der Betriebsrat unterdessen in Debatten im Viertel ein. Dort trafen sich Interessierte zuletzt vergangene Woche im Ortsamt, um gute Nutzungsideen für die alten Häuser einzubringen – von denen auch der Denkmalschützer gerne eine ganze Reihe mehr retten würde. Doch dem versetzten Personalvertreter der Klinik einen Dämpfer, wenn sie wie Thomas Hollnagel sagen: „Ich diskutiere lieber über den Erhalt des Standortes, nicht über den von Gebäuden“. ede