Mehr Schutz fürs Stiefkind der Umweltpolitik

Der Boden wird vernachlässigt, warnen Experten. Umweltbundesamt: Bundesbodenschutzgesetz nicht ausreichend

BERLIN taz ■ Unter den Füßen kommen Socken, unter den Socken kommen die Schuhe – und darunter der Asphalt. Nicht nur: Selbst umweltbewusste Menschen scheinen häufig zu vergessen, dass die manchmal wenigen, aber wertvollen Zentimeter Erde – auch als „Boden“ bezeichnet – genauso wichtig sind wie Wasser und Luft. Deshalb stellte gestern die Bundesvereinigung Boden und Altlasten (BVBA) in Berlin auf der Tagung „Nationale Bodenschutzallianz“ ein Positionspapier vor, wie künftig Böden in Deutschland besser geschützt werden sollen.

„Der Bodenschutz muss in Deutschland und Europa gestärkt werden“, sagte BVBA-Präsident Stephan Illert. Konkret forderte er: die Stadtentwicklung so zu gestalten, dass nicht immer noch neue Flächen mit Beton oder Asphalt versiegelt würden. So sollten etwa Industriebrachen wieder genutzt und Baulücken in der Stadt geschlossen werden.

Tatsächlich hat sich auch die rot-grüne Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Flächenverbrauch auf 30 Hektar am Tag zu beschränken. Doch sind es derzeit noch knapp 100. Es müsse eine „neue Urbanität“ her, bestätigte Altlastenexperte Harald Bermeier. Nur so könnten die Städte wieder attraktiv werden, sagte Bermeier. „Qualität ist eben so wichtig wie Quantität“, sagt auch Angelika Zahrnt vom Umweltverband BUND. Immobilienhändler seien genauso auf saubere Böden angewiesen wie Reiseveranstalter. Erst Anfang der Woche hatte der Chef des Umweltbundesamt Andreas Troge gewarnt: „Der Bodenschutz ist das Stiefkind der Umweltpolitik.“ Zwar gibt es seit fünf Jahren ein Bundesbodenschutzgesetz. Doch reiche das nicht. Weit über die Hälfte der deutschen Böden würden für die Lebensmittelproduktion genutzt. Zudem wirkten sie als natürlicher Filter für das Grundwasser. Und das liefere schließlich etwa 70 Prozent des Trinkwassers in Deutschland.

GUILAINE TROSSAT