Afrikaner auf Wache versehentlich ertänkt

Mann aus Sierra Leone hirntot. Arzt wollte ihn mit Wasser zum Erbrechen von Kokain bringen. Log der Innensenator?

BREMEN taz ■ Ein Mann aus Sierra Leone liegt in einem Bremer Krankenhaus im Koma, nachdem ihm zwei Polizisten und ein Arzt mit Gewalt ein Brechmittel verabreichten. Der mutmaßliche Dealer gilt als hirntot. Der Arzt habe ihm so viel Wasser gewaltsam in den Magen gepumpt, dass es auch die Lunge füllte und zum Atemstillstand geführt habe – das berichtet der zu Hilfe gerufene unabhängige Notarzt, der als erste Diagnose notierte: „Ertrinken“. Bremens Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) hat daraufhin die umstrittenen Brechmitteleinsätze vorerst gestoppt.

Dabei hatte gerade Röwekamp zuvor noch behauptet, der 35-Jährige, bei dem sieben Kügelchen mit je 100 Milligramm Kokain gefunden wurden, leide nur an einer Vergiftung durch Kokain und habe „sich den Schaden selbst zuzuschreiben“. Inzwischen untersucht die Staatsanwaltschaft, was in der Nacht vom 27. Dezember im Bremer Polizeipräsidium tatsächlich geschehen ist. Die Grünen fordern den Rücktritt des CDU-Senators.

Denn erst der Bericht des Notarztes, den sein Anwalt Anfang dieser Woche an die Staatsanwaltschaft und an Bremer Medien geschickt hatte, machte öffentlich, dass bei jenem Fall längst nicht alles so glatt gelaufen war, wie es sonst bei den rund 100 Brechmitteleinsätzen jährlich von Polizei, ärztlichem Beweissicherungsdienst und Innenressort behauptet wird.

„Der Kollege legte dem Mann eine Magensonde und befüllte diese mittels einer sehr großen Spritze mit Leitungswasser“, berichtet der Notarzt, den der Arzt vom polizeilich beauftragten Beweissicherungsdienst zu Hilfe rief, als ein Gerät zur Überwachung der Vitalfunktionen ausfiel. „Er füllte drei oder vier Spritzen hinein und ich erkundigte mich, ob er das Wasser auch wieder ablassen wolle. Er antwortete, er werde den Magen so weit mit Wasser befüllen, bis der Patient erbricht.“ Als die Atmung des Mannes aussetzt, kann der Notarzt nicht schnell genug die Lunge intubieren, weil „Unmengen an Wasser den Rachen immer wieder füllten“. Als er ihn reanimiert, entdeckt er bereits Symptome für den Hirntod.

Nun fordern alle Parteien lückenlose Aufklärung – auch darüber, was der Senator wirklich wusste, als er im Fernsehen behauptete, es gehe dem Mann bereits besser. SUSANNE GIEFFERS