CDU lässt Diätenreform scheitern

Jürgen Rüttgers fällt wieder um: Der CDU-Oppositionsführer will mit dem Schlagwort der „Diätenverdoppelung“ Wahlkampf machen – und kippt auf Druck seiner Fraktion auch die Veröffentlichungspflicht von Nebengehältern

DÜSSELDORF taz ■ Die CDU-Landtagsfraktion stützt die jüngste Rolle rückwärts ihres Vorsitzenden: Wie Jürgen Rüttgers lehnen die christdemokratischen Abgeordneten die geplante Diätenreform nun doch ab. Der Oppositionsführer hatte zunächst Zustimmung signalisiert, dann aber überraschend einen Rückzieher gemacht – die Reform sei „überhastet“ und „nicht nachvollziehbar“, heißt es in einem gestern gefassten Beschluss der CDU-Landtagsfraktion.

Dabei galt der von Experten aller im Landtag vertretenen Parteien in Zusammenarbeit mit dem Bund der Steuerzahler (BdSt) erstellte Entwurf als vorbildlich. Die Diäten sollten auf 9.500 Euro monatlich fast verdoppelt werden, alle Pauschalen und Vergünstigungen wie etwa Krankenversicherungen und Altersversorgung wären künftig aber weggefallen. Jährlich hätten so rund 2,3 Millionen Euro eingespart werden können. Der BdSt schätzt die aktuellen Abgeordnetenbezüge auf einen Bruttoverdienst von etwa 12.000 Euro.

Die Sozialdemokraten fürchten nun, von der CDU im Wahlkampf mit dem Schlagwort „Diätenverdopplung“ vorgeführt zu werden: „Wenn die CDU nicht mitmacht, werden wir den Gesetzentwurf nicht einbringen“, so der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Edgar Moron. Bereits in ihrem Fraktionsbeschluss klagen die Christdemokraten, „in Zeiten, in denen viele tausende Menschen Kürzungen durch Hartz IV erleben“, könne „der Eindruck entstehen, die Diäten sollten erhöht werden“. Eine Volksinitiative des BdSt, mit dem die Diätenreform erzwungen werden soll, unterstützt die CDU dennoch. Wie Moron kritisieren auch führende Grüne Rüttgers‘ Wackelkurs: „Mit diesem Stil kann die CDU nicht gewinnen“, glaubt Parteichef Frithjof Schmidt.

Neuregelungen von Abgeordneten-Gehältern aus Nebentätigkeiten will die rot-grüne Koalition notfalls mit eigener Mehrheit beschließen. Der Entwurf will die Parlamentarier verpflichten, Nebengehälter an den Landtagspräsidenten zu melden, der die Angaben jährlich veröffentlicht. Rüttgers hatte zunächst auch diesen Vorschlag unterstützt, sich dann aber unter dem Druck seiner Fraktion auf das niedersächsische Modell zurückgezogen, nach dem nur „arbeitsloses Einkommen“, also die Annahme von Geld ohne Gegenleistung, verboten sein soll. „Das ging vielen Christdemokraten wohl zu weit“, sagt die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann. „Rüttgers ist und bleibt ein Zauderkönig.“ ANDREAS WYPUTTA