berliner szenen Billigflieger in Not

Die BVG hat Schuld

Man bucht nicht ab Flughafen Schönefeld. Der Flughafen Schönefeld liegt hinter dem Ende der Welt. Das weiß man einfach. Doch der Billigflieger hat es trotzdem getan.

Es kommt ihn teuer zu stehen. Denn wer zu allem Unglück auch noch um 4 Uhr morgens am Flughafen zu sein hat, um rechtzeitig einzuchecken, darf nicht auch noch auf die BVG zählen: Es fahre eine S-Bahn um 2.23 Uhr Richtung Königs Wusterhausen, Umsteigemöglichkeit in den Nachtbus am Bahnhof Papestraße, verspricht man dem Reisenden sowohl mündlich als auch übers Internet. Er ist so dumm, dies zu glauben. Und steht mitten in der Nacht allein am S-Bahnhof Wedding vor einem stillgelegten Geisterzug. Wie zum Hohn gibt das Ungetüm auch noch zischende Laute von sich.

Der türkische Taxifahrer ist nett, er freut sich sehr über die erste einträgliche Tour dieser Nacht. Wedding–Schönefeld, 22 Kilometer, das macht 40 Euro. „Dieses Jahr kann ich mit meinen sechs Kindern nicht in den Urlaub fahren, ehrlich, meine Taxis bringen jetzt gerade noch die Miete ein“, klagt Herr Özdemir. „Die Berliner haben kein Geld mehr zum Taxifahren.“ Wohl wahr: Auch dem Billigflieger geht es so. Aber dem netten Herrn Özdemir gibt er trotzdem ein gutes Trinkgeld.

Jetzt plötzlich überpünktlich in Schönefeld, findet der Reisende nicht einmal einen Sitzplatz in der Schalterhalle. Die Bänke sind voll mit Schlafsacktouristen, die hier bereits seit Stunden warten. „Keine Stadt Europas leistet sich einen solchen albernen Mondflughafen, zu dem die letzte direkte S-Bahn um 19.37 fährt“, denkt der Billigflieger. „Dieser Ort ist hässlich und traurig. Und die BVG ist bloß das Betrugsunternehmen, das diese Stadt verdient.“ JAN SÜSELBECK