Die Finten des Samurai

Fein lächeln, wenn die Tränen übers Gesicht laufen: „Kakushi Ken – Oni No Tsume“ (Wettbewerb) produziert jede Menge Täuschungsmanöver und doppelte Böden

Wie schon sein Vorgänger „The Twilight Samurai“, mit dem Regisseur Yoji Yamada bereits 2003 in den Wettbewerb der Berlinale geladen war, ist auch „The Hidden Blade“ („Kakushi Ken – Oni No Tsume“) ein Film über das Ende einer Ära, den Niedergang der jahrhundertealten Feudalherrschaft in Japan. Der Import von Gewehren und Kanonen aus dem Westen, deren Gebrauch die Schwertkämpfer erst mühsam erlernen müssen, war jedoch nur der äußere Anlass dazu: Das traditionelle Wertesystem der Samurai zerfällt, weil die Korruption der Herrscherkaste es von innen längst verrotten ließ.

Vor diesem Hintergrund erzählt der Film die Geschichte des Samurai Munezo Katagiri (Masatoshi Nagase) – von dessen nicht standesgemäßer Liebe zu seinem Dienstmädchen und den politischen Machtkämpfen, in die er gegen seinen Willen verwickelt wird. Der doppelte Blick auf eine Epoche, die sich selbst überlebt hat, die das Neue noch nicht akzeptiert und doch das Alte längst verraten hat, produziert in „The Hidden Blade“ jede Menge Inkongruenzen, Täuschungsmanöver und doppelte Böden.

Dass Munezo die Frau, die er liebt, anlügen muss, ist noch die geringste der Vorspiegelungen. Auch sie antwortet mit einem Lächeln, während ihr die Tränen über das Gesicht fließen. Entscheidend im Kampf sind die Täuschungen. Und sogar Munezo, der versucht, als aufrichtiger Samurai zu handeln, kann seinen Gegner nur durch eine Finte bezwingen.

Was wäre eine ehrliche Bewegung in einer Welt, deren Normen nichts mehr gelten? Denn ein Epochenwandel betrifft nicht nur eine Denkweise, er schlägt bis in körperliche Gesten durch. Westliche militärische Taktiken lernt man nur in anstrengendem Drill. Alles muss von Grund auf neu gewusst werden, bis hin zu der Art, wie man rennt, mit mitunter bizarren Folgen. Wenn die Samurai den „neuen englischen Weg des Laufens“ probieren, wirkt das ganz so wie der „Silly Walk“ von Monty Python. In einer Zeit ohne Gleichgewicht liegen das Würdevolle und das Lächerliche nah beieinander.

Der Film hat eine eigene visuelle Sprache dafür gefunden, er spaltet die Leinwand in der Tiefe auf, lässt im Vordergrund ein Gespräch stattfinden, während sich im Hintergrund stumme Possenszenen abspielen.

DIETMAR KAMMERER

„Kakushi Ken – Oni No Tsume“, 16. 2., 12 Uhr, Urania, 22.30 Uhr, International; 20. 2., 15 Uhr, Berlinale-Palast