Neonazis feiern heimlich ihren Helden

Zum 75. Todestag des SA-Führers Horst Wessel wollen Rechtsextreme heute unangemeldet zum Grab marschieren

Sympathisanten der rechtsextremen Kameradschaft Tor wollen heute am Friedhof Prenzlauer Allee Ecke Mollstraße des SA-Führers Horst Wessel gedenken, der dort begraben liegt. In Massen werden sie wohl aber nicht kommen. Denn weder findet sich im Internet ein Aufruf, noch hat es sonst flächendeckend Ankündigungsplakate gegeben. Die Polizei hat von dem Aufmarsch nur über einen kleinen Flyer erfahren, der an einer Bushaltestelle in Köpenick klebte. Eine polizeiliche Anmeldung für den rechten Aufmarsch liegt nicht vor. Die Polizei rechnet höchstens mit „einigen Dutzend Teilnehmern“.

Die Antifa Friedrichshain befürchtet mehr. Seit Wochen hätten Berliner Neonazis aus dem Spektrum der Freien Kameradschaften in den Bezirken Treptow-Köpenick, Lichtenberg und Pankow zusammen mit Hakenkreuzen Parolen an Wände gesprüht, die auf den Gedenkmarsch hinweisen, sagte ein Antifa-Sprecher.

Wessel, der heute vor 75 Jahren an den Folgen einer Schießerei mit Rotfrontkämpfern verstarb, war in den turbulenten Jahren der Weimarer Republik SA-Führer und machte vor allem mit Übergriffen im damaligen „roten“ Friedrichshain von sich reden. In der NS-Zeit stilisierte ihn Reichspropagandaminister Goebbels zum Märtyer. Das „Horst-Wessel-Lied“ wurde zur Hymne der SA. Seit den 1990er-Jahren versuchen Neonazis das Gedenken an den SA-Schergen wieder aufzugreifen.

Gegeninitiativen wie die Antifa Friedrichshain konnten größere Aufmärsche aber stets verhindern. Auch für heute Nachmittag hat die Antifa eine Gegenkundgebung angemeldet, um eine Huldigung des NS-Repräsentanten zu verhindern. Treffen ist um 16 Uhr vor dem Friedhof. FELIX LEE