Öd und leer

Ein bemühtes Ringen um den Sinn: „Frosch“ von Hakon Hirzenberger im Thalia in der Gaußstraße

Kleingeistige, spätpubertäre Szene-Typen

von Carolin Ströbele

Hakon Hirzenberger lacht. Es ist eigentlich ein gutes Zeichen, wenn ein Autor die Umsetzung seines Stücks witzig findet. Es ist ja auch komisch, wie Humbert (Clemens Dönicke) und Peter (Max Mayer) mit einem Stapel Hostess-Service-Karten pokern und immer wieder mit ihren Köpfen in den Bühnengrund abtauchen, um an einer unsichtbaren Wasserpfeife zu saugen.

Spielen, sich berauschen und über mögliche sexuelle Abenteuer sprechen, darum geht es in Frosch, das jetzt am Thalia in der Gaußstraße Premiere hatte. Hirzenberger und sein Co-Autor Paul Harather haben die filmische Vorlage Arabesken um Frosch dazu geschrieben, und auch das lässt auf einen kurzweiligen Theaterabend hoffen. Mit Indien, seinem Roadmovie durch die österreichische Provinz, hat Harather immerhin einen österreichischen Kultfilm geschaffen.

Doch die Erwartungen erfüllen sich nicht. Die Handlung kreist um ein simples Ziel: Zwei Männer – Humbert und Peter – wollen sich eine Nutte bestellen. Eigentlich zwei Nutten, „damit man tauschen kann“, das ist Humbert ganz wichtig. Doch damit fängt der Streit schon an. Denn Peter findet das mit dem Tauschen nicht so gut. Er ist eher fürs Teilen. Mit Diskussionen dieser Art vertreiben sich die beiden die Zeit bis zum Eintreffen ihrer erotischen Traumvorstellung. Außerdem lästern sie über Felix Frosch. Diese ominöse Figur ist ein Freund von Humbert – zumindest glaubt Frosch das. Humberts größtes Vergnügen ist es nämlich, ihn herunterzumachen: „Frosch ist immer so bemüht“, klagt er. Und bemüht, da sind sich Humbert und Peter ausnahmsweise einig, das ist schlimmer als schlecht. Deshalb ziehen die beiden mit Herzenslust über den Abwesenden her, spielen ihm Telefonstreiche und suhlen sich nachher in einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Selbstgefälligkeit. „Jeder sollte so was wie seinen eigenen Frosch haben“, stellt Humbert fest. „Weil dann weiß man, dass man selbst doch nicht das letzte Arschloch ist.“

Mit ähnlichen Selbsterkenntnissen plätschert der Abend vor sich hin, und Clemens Dönicke und sein maliziöser Gegenspieler Max Mayer tragen diese Tiraden tapfer vor. Doch das reicht nicht. Christine Eders Regie erschöpft sich in Wiederholungen, und beim zwölften Mal Wasserpfeife-Rauchen lacht auch der Autor nicht mehr. Als endlich das Callgirl seinen Auftritt hat, schüttelt Hirzenberger nur noch den Kopf. Denn „Michou“ (Doreen Nixdorf) legt einen Gogo-Dance hin, bei dem sie sich offenbar selbst nicht entscheiden konnte, ob er sexy oder grotesk werden sollte.

Reeperbahn versus Kärntner Straße – an diesem Umsetzungsproblem krankt das gesamte Stück. Der österreichische Sarkasmus ist eng gekoppelt an das beengte bürgerlich-katholische Milieu. Stellt man sich Humbert und Peter in einer Wiener Intellektuellenwohnung vor als zwei Männer, die nicht wahrhaben wollen, dass sie ihre wilden Zeiten hinter sich haben und sich schließlich ihr Versagen eingestehen müssen – man fände wahrscheinlich eher die Zwischentöne, die man auf der Thalia-Bühne vergebens sucht. Hier sieht man zwei Szene-Typen in den Zwanzigern, die spätpubertäre Streiche spielen und nach 70 Minuten feststellen: „Wir sind einfach kleingeistige, kleinbürgerliche Idioten.“ Als Zuschauer hat man das allerdings schon nach zehn Minuten gemerkt.

Weitere Vorstellungen: 26. 2. sowie 2. 3., 20 Uhr, Thalia in der Gaußstraße