Vom Porträt zur Posse

Ein Beamter aus Bayern behauptet, das „neue“ Mozart-Gemälde in Berlin zeige nur einen Beamten aus Bayern

Stolz hatte die Berliner Gemäldegalerie im Januar der verblüfften Öffentlichkeit eine echte Sensation präsentiert. In ihren Beständen befinde sich ein „um 1790“ von Johann Georg Edlinger in München gemaltes Porträt des späten Wolfgang Amadeus Mozart. Mozart! Von dem es gerade mal zwei halbwegs authentische Darstellungen gibt! Dem weltweiten Jubel über die Entdeckung waren denn auch kaum Zweifel beigemischt. „Die Sensation: Pausbäckig und jovial, den Jackenknopf mühsam über dem Bäuchlein geschlossen, bietet Mozart einen Anblick gesunder Lebensfreude und jovialer Genußfähigkeit“, erkannte die Welt.

Sogar die bildungsbürgerliche Zeit phantasierte euphorisch: „Diese Hand! Scheint sie nicht überm Sesselpolster eine aparte kleine Wendung zu greifen, gedachte Tasten bewegend, vielleicht schon etwas formend aus seinem, wie wir wissen, letzten Klavierkonzert, B-Dur?“

Wie man’s nimmt. „Enttarnt!“, meldete gestern die Boulevardzeitung FAZ: „Der ,Herr im grünen Frack‘ war ein Beamter“. Differenzierter liest sich das in der seriösen Bild-Zeitung, die Beweise und Gegenbeweise gegeneinander paradieren lässt und fragt: „War Mozart nicht Mozart?“.

Vom Zaun gebrochen hat den Streit der Münchener Stadtarchivar Richard Bauer, der im Berliner Mozart den Münchener Stadtrat Joseph Anton Steiner erkannt haben will. Überdies sei Edlinger ein zu „langsamer Maler“ gewesen, um Mozart in der knappen Woche, die er sich nachweislich in München aufgehalten hat, in Öl bannen zu können. Fazit: Die Berliner hätten sich da einen PR-Gag erlaubt.

Für diese „blödsinnigen Behauptungen“ würde Rainer Michaelis, Kurator der Gemäldegalerie und Experte für süddeutsche Barockmaler à la Edlinger, den Münchener Stadtarchivar am liebsten „zum Duell fordern“, wie er gestern der taz sagte: „Alle angeblichen Beweise, die der Herr Bauer jetzt vorlegt, haben wir ihm vorher auf einem silbernen Tablett serviert. Der kapiert den Ernst der Lage nicht!“

Am Ende hätten die Berliner ihre Forschungsergebnisse sogar zurückgehalten, um den Fund – aus PR-Gründen, wie Michaelis einräumt – pünktlich zum Mozart-Geburtstag am 27. Januar vorstellen zu können. Daraus sei ihnen aber kein Strick zu drehen, so Michaelis: „Das ist Mozart. Und was der Herr Bauer macht, das ist kein Gegenbeweis, sondern nur schlechter Stil.“ FRA