Hand und Faust für Simbabwe

Die Regierungspartei sichert den Sieg mit Doppelnennungen und Toten auf der Wahlliste

JOHANNESBURG taz ■ In den Tagen vor den Parlamentswahlen in Simbabwe am 31. März erhält die Oppositionspartei „Bewegung für Demokratischen Wandel“ (MDC) unerwarteten Zulauf auf ihren Wahlveranstaltungen. In ländlichen Gebieten, wo oft nur das Staatsradio die Propaganda von Präsident Robert Mugabes Regierungspartei Zanu-PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) verbreitet und Wähler mit Bestechung durch Maisrationen gefügig gehalten werden, kommen jetzt Tausende, um MDC-Führer Morgan Tsvangirai zuzuhören. Aber ob sie sich auch frei genug fühlen, ihm am Wahltag ihre Stimme zu geben, ist fraglich. Offener Terror und Überfälle von regimetreuen Jugendmilizen sind in diesem Vorwahlkampf zwar weniger zu sehen, aber die Simbabwer erinnern sich noch gut an die Einschüchterungen und Folterungen der Präsidentschaftswahlen 2002.

Das autoritäre Regime in Simbabwe hat die Wahlen lange vor dem morgigen Wahltag zu seinen Gunsten manipuliert. Die Opposition erhielt nur kurz vor den Wahlen Erlaubnis für Wahlveranstaltungen und ein paar Minuten für Fernsehauftritte, während Vertreter der Regierungspartei seit Wochen stundenlange Reden in den Medien halten. „Unsere Mitglieder sind nachts heimlich von Haus zu Haus gegangen, um für die MDC zu werben“, sagt Jabulani Mkwanazi, Vorsitzender der MDC im südafrikanischen Exil in Johannesburg. „Aber den Stammesführern in den Dörfern wird gedroht: Wenn in ihrem Gebiet die Zanu-PF Stimmen verliert, seien sie verantwortlich.“

Um sicher zu gehen, hat die Regierung nach Oppositionsangaben das Wahlregister massiv gefälscht. „Dort stehen Namen von Toten oder falsche Namen drauf, und die Exilanten dürfen nicht wählen“, sagt Mkwanazi. Auf der Wahlliste werden 300.000 Namen von nicht existenten Personen, 800.000 Tote sowie 600.000 Doppelnennungen vermutet. Mit solchen fiktiven Wählern sicherte sich Mugabe bei den Präsidentschaftswahlen 2002 den Sieg.

Internationale Beobachter wurden nur in begrenzter Zahl und kurzfristig eingeladen. Für sie gibt es Augenwischerei: Transparente Wahlurnen und Auszählung in den Wahlstationen, statt dass wie bei früheren Wahlen die Urnen vor dem Zählen weggebracht werden und keiner weiß, was dann mit ihnen geschieht. Aber die rund 8.500 Wahlstationen werden von Armee, Polizei und Regierungspartei überwacht. Beobachter der Opposition fürchten, ihr Zugang werde behindert. „Außerdem kostet es 100 US-Dollar, einen Beobachter registrieren zu lassen, das können wir uns oft nicht leisten“, meint Mkanazi. Auch die Wahlkreise sind zugunsten der Regierungspartei neu verteilt worden. Gewinnt Mugabe mit Zweidrittelmehrheit, kann er die Verfassung beliebig ändern und einen Nachfolger ohne Wahl bestimmen.

„Das traumatisierte Volk ist apathisch und Zanu-PF hat die Wahlen unter Kontrolle“, sagt der katholische Bischof von Bulawayo, Pius Ncube, neben Tsvangirai der führende noch in Simbabwe lebende Oppositionelle, der oft bedroht und verfolgt wird. „Die MDC kann froh sein, wenn sie es schafft, 40 Sitze zu halten.“ Derzeit hält die Opposition 52 von 120 gewählten Sitzen im Parlament, zusätzliche 30 Mandate werden von Mugabe benannt. Statt Zugewinnen bei der Wahl setzen manche, auch Bischof Ncube, eher auf einen friedlichen Aufstand später. Bei einer Inflationsrate von rund 400 Prozent, Arbeitslosigkeit von 80 Prozent, Hunger, Aids-Krise, drakonischen Sicherheitsgesetzen und ständigen Attacken gegen unabhängige Institutionen und Medien hat der Bischof keine Hoffung auf Wahlen. „Tsvangirai ist nicht stark genug, und drei Viertel der Simbabwer kennen nur einen Führer: Mugabe.“ MARTINA SCHWIKOWSKI