Die Fünf vor dem Komma bleibt

Die Arbeitslosenzahlen sind gesunken – aber weniger als im März üblich. Der lange Winter und die Konjunkturschwäche bremsen Frühjahrsbelebung. Noch sind 5,176 Millionen Menschen erwerbslos. Zahl der voll sozialversicherten Jobs geht zurück

VON BARBARA DRIBBUSCH

Wenige Begriffe sind so flexibel einsetzbar wie der Begriff der „Trendwende“. Von einer „Trendwende“ kann man sprechen, wenn irgendwas besser wird. Aber auch, wenn sich etwas nur langsamer verschlimmert als zuvor. Und auch, wenn schlechte Zahlen ein bisschen heruntergehen, obwohl sie stärker sinken müssten. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) verkündete gestern bei Bekanntgabe der Arbeitslosenzahlen: „Der Trend dreht sich jetzt.“ Das ist Wunschdenken.

Die Arbeitslosenzahlen sind im März auf 5.176.000 gesunken, gab der Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, gestern bekannt. Das ist ein Minus gegenüber Februar 2005 um 41.000. Die Arbeitslosenquote liegt jetzt bei 12,5 Prozent. Was gut klingt, es aber nicht ist, wenn man berücksichtigt, dass die Arbeitslosenzahlen im März normalerweise sehr viel stärker zurückgehen müssten, bedingt durch die übliche Frühjahrsbelebung am Arbeitsmarkt.

BA-Chef Weise verwies in seiner Erklärung auf das Wetter: Der „lang anhaltende Winter“ habe den jahreszeitlich üblichen Abbau der Arbeitslosigkeit verzögert. Auch die Effekte aus der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und die noch immer schwache Konjunktur hätten den Rückgang der Erwerbslosigkeit gebremst.

Im Vergleich zu früher waren die statistischen Auswirkungen der Hartz-IV-Reformen im März allerdings gering: Nur noch ein Plus von 10.000 bis 20.000 Erwerbslosen ordneten die Arbeitsagenturen der statistischen Neuzählung auch von ehemaligen Sozialhilfeempfängern zu. Hingegen ließen die neu angetretenen Sozialhilfeempfänger die Arbeitslosenzahlen im Februar um 120.000, im Januar sogar um 240.000 in die Höhe schnellen.

Dabei seien die Arbeitslosenzahlen weiterhin mit Unschärfen belastet, hieß es bei der BA. Es fehlen nämlich rund 88.000 ehemalige Sozialhilfeempfänger, die von den so genannten Optionskommunen verwaltet werden. Sie wurden noch nicht arbeitslos gemeldet. Optionskommunen sind Gemeinden, die die Betreuung der Langzeitarbeitslosen in Eigenregie übernommen haben.

Die Zahl der Erwerbstätigen nahm im Februar saisonbereinigt um rund 9.000 zu. Im Januar hatte der saisonbereinigte Zuwachs noch bei 15.000 gelegen. Dabei stieg die Zahl der Selbstständigen und der Minijobber bis zu einem Verdienst von 400 Euro. Auch wurden im März rund 110.000 1-Euro-Jobber gezählt. Der Anteil der voll sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse jedoch verringerte sich im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat um 156.000 auf 26,25 Millionen, dieser Abbau hat sich allerdings verlangsamt.

Die Lage am Lehrstellenmarkt bleibt zur Halbzeit des seit Oktober laufenden Berufsberatungsjahres angespannt. Bis März wurden mit 339.000 Ausbildungsplätzen 8 Prozent weniger gemeldet als im Vorjahreszeitraum. Vor allem die Zahl der betrieblichen Stellen sank. Mit 532.300 blieb die Zahl der Bewerber praktisch unverändert.