Urlaubsgrüße aus Gran Canaria

Keine Leidenschaft, keine Punkte: Für Bayer Leverkusen rückt die Champions-League nach der 0:1-Schlappe in Bielefeld in weite Ferne. In Ostwestfalen freut man sich derweil auf eine weitere Saison in der Ersten Liga

BIELEFELD taz ■ Was hätte er nicht alles unternehmen können, an diesem Samstagnachmittag. Angeln gehen oder im Grünen Sonne tanken. Doch aufgrund beruflicher Verpflichtungen weilte Klaus Augenthaler in Bielefeld und sah, wie eine apathische Leverkusener Elf 0:1 verlor. „Eine Schande, wie wir hier aufgetreten sind“, grantelte der Trainer und flüchtete sich in bewährten Sarkasmus: „Wir reden immer vom internationalen Geschäft. Wenn wir so weitermachen, können wir froh sein, wenn wir auf Gran Canaria noch zu einem Freundschaftsturnier eingeladen werden.“

Viele Unkonzentriertheiten auf beiden Seiten prägten eine erste Halbzeit, die wohl nur Beobachter spannend finden konnten, die auch eine Lesung von Rudolf Scharping aus der Brockhaus-Enzyklopädie für erregend halten. „So ist das halt, wenn zwei Mannschaften Pressing spielen“, suchte Bielefelds Petr Gabriel nach einer Erklärung. Allein die Ergänzung “...und bei Abspielen Gegner und Mitspieler verwechseln“ fehlte.

Dass die Arminia verdient gewann, lag an dem optimierten Offensivauftritt in der zweiten Hälfte. Und an Radomir Dalovic. Der in der Winterpause verpflichtete 22-jährige Stürmer war bislang nur zu drei Kurzeinsätzen gekommen, nun sollte er von Beginn an die Rolle des verletzten Fatmir Vata ausfüllen. Einerseits weckten seine unkonventionellen Aktionen beim Bielefelder Publikum Erinnerungen an die Auftritte des ungelenken Sturmtanks Uwe Fuchs – andererseits zeigte er großes Kämpferherz. Seine Zweikämpfe mit Carsten Ramelow sahen mitunter aus, als ob die Klitschko-Brüder beim Paar-Eiskunstlaufen antreten. Der Treffer in der 66. Minute allerdings hatte eine „6.0“-Bewertung verdient: Nach Flanke von Ervin Skela zog Dalovic unhaltbar für Jörg Butt ab. Anschließend stürmte er auf Arminias Betreuer Asim Obercanin zu und umherzte ihn so erdrückend, dass man Angst um dessen Gesundheit haben musste. Der Grund für den Jubelsprung mit unsanfter Landung: Vor dem Spiel hatte er Obercanin versprochen, für ihn heute sein erstes Tor zu schießen. Als Dank für dessen seelischen Beistand in den vergangenen Wochen.

„Wir sind jetzt aus dem Gröbsten raus“, bilanzierte ein erleichterter Trainer Uwe Rapolder. Drei Niederlagen in Serie und die Ausfälle von Vata und Patrick Owomoyela galt es zu verkraften. Doch mit „Leidenschaft und Kampfkraft“ habe man den als spielstärker eingestuften Gegner niedergerungen. Der liegt nun bereits acht Punkte hinter dem Tabellendritten VfB Stuttgart. Mit Bremen, Hertha und dem HSV muss Bayer sich noch um zwei UEFA-Cup-Plätze balgen.

„Die Niederlage ist ein Rückschlag, wir hatten uns mehr vorgenommen“, sagte Bernd Schneider, „um international dabei zu sein, müssen wir auswärts Spiele gewinnen.“ Fragt sich nur, wie Bayer das anzustellen gedenkt. Mit der Einstellung in Bielefeld dürfte es schwer fallen, in Freiburg, Schalke und Wolfsburg die Bilanz von drei Auswärtssiegen aufzupolieren. Vielleicht ist aber alles auch ganz unkompliziert: „Das einfache Spiel ist manchmal zu schwierig“, diagnostizierte Carsten Ramelow am Samstag.

Während sich die Leverkusener mit dem Gedanken an Ausflüge auf die kanarischen Inseln anfreunden müssen, dürfen sich die Bielefelder für das DFB-Pokalhalbfinale gegen Bayern München rüsten – ihre Chance, am UEFA-Cup teilzunehmen. Fünf Punkte sind es noch bis zur magischen 40-Punkte- Grenze. Da ist es wenig verwunderlich, dass die Bastelarbeiten für den Kader der kommenden Saison Konturen annehmen. Die Verpflichtung von drei neuen Spieler soll demnächst ebenso über die Bühne gehen wie einige Vertragsverlängerungen. In Ostwestfalen spricht alles dafür, dass sie auch in der kommenden Spielzeit erstklassigen Trainern unangenehme Nachmittage bereiten. ANDREAS BEUNE