Der Bankier der Bosse

Wie Armut reich macht: Werner Rügemer würdigte in der Fachhochschule den verstorbenen Alfred von Oppenheim

Nun hat der im Januar verstorbene Alfred Freiherr von Oppenheim doch noch seine kritische Würdigung in Köln erhalten. „Nichts als die reine Wahrheit“ versprach der Autor Werner Rügemer zu Beginn seines Nachrufs auf Kölns früheren Industrie- und Handelskammerpräsidenten: „den ehemals reichsten Bürger der Stadt“. Das Café Himmelsblick in der Fachhochschule hatte sich getraut, den Kölner Korruptions- und Klüngelexperten Rügemer einzuladen. An manch anderen Orten lässt man den taz-Autor erst gar nicht mehr lesen.

Rügemer, der schon in zahlreichen Artikeln und Büchern über die Geschäfte des „Chef-Bankiers der Reichen“ geschrieben hatte, wählte für seinen Nachruf die Form der szenischen Lesung. Unterstützt wurde er von Deutschlandfunk-Sprecherin Sabine Lipka und Axel Gehring, dem Leiter des Kleinen Theaters Brühl. Wolfram Zimmermann vom Kölner Theater Tiefrot führte Regie. Die verwendeten Zitate stammten allesamt aus der bürgerlichen Presse.

Collagenartig ging es durch das Lebenswerk des verstorbenen Bankiers, der zuletzt mit einem geschätzten Privatvermögen von rund 3 Milliarden Euro auf Platz 25 der Liste der reichsten Bundesbürger stand: Oppenheim und seine Villen in Marienburg und Palm Beach. Oppenheim und seine Penthousewohnung am Gendarmenmarkt in Berlin, die eine Fußmatte mit Stars and Stripes zierte – ein politisches Statement für die USA während des Irakkriegs.

Oder Oppenheim und die deutsche Geschichte: Das Holocaustmahnmal in Berlin hielt er für „unpassend“; die Wehrmachtsausstellung wollte der Liebhaber von Wagner und Marschmusik nicht im Kölner Stadtmuseum sehen.

Und natürlich: Oppenheim und der Reichtum. Als IHK-Präsident verlangte Oppenheim Kürzungen von Sozialleistungen, gleichzeitig mehrte er sein Vermögen wie das seiner Kunden – ein klassischer Fall von Doppelmoral, befand Rügemer. Und vom Bau des Technischen Rathaus in Köln profitierte ein Oppenheim-Fonds. Die Stadt hat mit ihrem ungünstigen Mietvertrag das Nachsehen.

Damit war Rügemer bei einem Thema, das er in seinem Buch „Arm und reich“ schon theoretisch angegangen war: Die Armut der einen ist der Reichtum der anderen. Der Beweis dafür – diesmal am Beispiel des Privatbankiers – ist Rügemer an diesem Abend einmal mehr hervorragend gelungen. Die über hundert ZuhörerInnen dankten es mit viel Applaus. DIRK ECKERT