NPD geht ab durch die Mitte

Die rechtsextreme Partei darf am 8. Mai vom Alexanderplatz zum Bahnhof Friedrichstraße marschieren. Doch Politiker wie Antifas gehen davon aus, dass sie dort nie ankommt

VON SABINE AM ORDE
UND ULRICH SCHULTE

Die rechtsextreme NPD darf am 8. Mai, dem 60. Jahrestag des Kriegsendes, durch Mitte marschieren. Die Rechten können vom Alexanderplatz über die Straße Unter den Linden zum Bahnhof Friedrichstraße ziehen. Das bestätigte ein Sprecher der Innenverwaltung gestern. Die Strecke führt am Mahnmal für die Bücherverbrennung am Bebelplatz und an der Neuen Wache vorbei. Damit hat die Versammlungsbehörde der Jugendorganisation der Partei, den Jungen Nationaldemokraten, ihre gewünschte Demoroute am Holocaust-Mahnmal vorbei bis zum Brandenburger Tor untersagt.

Die Veranstalter des Tages der Demokratie am Brandenburger Tor, ein breites Bündnis von Parteien, Organisationen und linken Initiativen, gehen aber davon aus, dass Gegendemonstranten verhindern werden, dass die NPD-Anhänger den Alexanderplatz überhaupt verlassen.

Der Senat fürchtet durch das knappe Rechtsabbiegen rund 750 Meter vor dem Brandenburger Tor nicht um seine offiziöse Gedenkveranstaltung mit Promis wie Marcel Reich-Ranicki oder Boris Becker. Die Polizei werde Kollisionen verhindern, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer. „Außerdem werden die Demokraten zeigen, wer die Mehrheit hat in diesem Land.“ Auch Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz glaubt: „Die Mobilisierung ist so enorm, dass die Rechten vom Alex wahrscheinlich gar nicht wegkommen.“ Es sei eine Herausforderung an die Zivilgesellschaft, sich die öffentlichen Räume nicht nehmen zu lassen.

Die linken AktivistInnen, die sich seit langem auf den 8. Mai vorbereiten, zeigten sich gestern von der Entscheidung nicht überrascht. „Das war absehbar“, sagt Sebastian Lorenz von der Antifaschistischen Linken Berlins. Im Gegensatz zu früheren Beschlüssen über die Routen von Neonazi-Aufmärschen lege die Versammlungsbehörde offenbar auf große räumliche Trennung keinen Wert mehr: „Die Behörde kalkuliert bewusst ein, dass die Nazis von Anfang an auf dem Alex hängen bleiben – weil genug Leute dagegen auf die Straße gehen.“

Auch Jutta Kausch vom „Bündnis 8. Mai“ hat die jetzt bekannt gewordene Route befürchtet. „Weil dieses Gerücht umging, haben wir unser Fest vor dem sowjetischen Ehrenmal extra nach hinten verlegt – damit unsere Leute noch demonstrieren gehen können.“ Die Entscheidung der Versammlungsbehörde findet sie schlicht „unglaublich.“ In einem Punkt sind sich wohl insgeheim fast alle einig, Antifaschist Lorenz sagt es so: „Die Nazis können doch eh schon am Alex wieder in die S-Bahn steigen – zur Heimfahrt.“

Der Bescheid der Versammlungsbehörde ging der NPD am Dienstag zu. Zur Begründung verweist sie auf die zentralen Gedenkfeiern, die im Reichstag und am Brandenburger Tor stattfinden sollen. Die rechtsextreme Partei, die 3.000 Teilnehmer angekündigt hat, will gegen die Auflage klagen. Sie mobilisiert über das Internet bereits um 11 Uhr zum Alexanderplatz.