Das Leben nichts wert

Das Hafenmuseum hat eine neue Abteilung zu „Krieg und Zwangsarbeit im Hafen“. Zeitzeugen erzählen von Leid, von Angst – und von Liebe

Bremen taz ■ Wie erinnert man an Krieg und Zwangsarbeit? Wenn 60 Jahre seitdem vergangen sind und es weder Fotos noch Filme gibt? Das Hafenmuseum Speicher XI hat anlässlich des Jahrestages des Kriegsendes seine Dauerausstellung um eine Abteilung „Krieg und Zwangsarbeit im Hafen“ ergänzt. Es ist eine kleine Abteilung, mehr eine Verheißung des Kommenden.

An einer Hörstation ist die Geschichte des ukrainischen Zwangsarbeiters Irma Gasin aufgezeichnet. Hunger ist das Thema, das immer auftaucht. Gasin erzählt von den Küchenabfällen, die ihnen die Besatzung ausländischer Schiffe nicht überlassen durften. Von der mittäglichen Suppe. „Das war alles am Tag, was wir bei der schweren Arbeit bekamen“, sagt Gasin. Manchmal mussten sie gezwungen werden, sich vor Bombenangriffen zu verbergen. „Den Menschen war ihr Leben nichts mehr wert“.

„Wir erzählen einzelne Geschichten“, sagt Astrid Müller, die mit Anne Schweisfurth die Ausstellung kuratiert hat. Und tatsächlich wird die Vergangenheit nur so – wenn überhaupt – nachvollziehbar. Zwei weitere Hörstationen sind geplant: Der Bericht eines Bremers, der als Kind auf einem Schiff neben der „Admiral Brommy“ lebte, auf der die Zwangsarbeiter eingepfercht waren. Und die Geschichte eines französischen Zwangsarbeiters, der sich in eine Bremerin verliebte und nach Kriegsende mit ihr nach Frankreich ging.

Manches erschließt sich nur durch die ergänzenden Texte: Das strikte Kontaktverbot, das zwischen den verschiedenen Zwangsarbeiter-Gruppen bestand. Die vergleichsweise bessere Situation der Franzosen, für die die Genfer Konvention zur Behandlung von Kriegsgefangenen galt. Nach Protesten des Roten Kreuzes und der französischen Regierung kamen sie von der fensterlosen und unbeheizbaren „Admiral Brommy“, in den Ulrichschuppen. Auf das Schiff wurden Ukrainer eingepfercht.

Im Ulrichschuppen haben französische Zwangsarbeiter großformatige Bilder an die Wand gemalt, von denen eines nun als Leihgabe des Staatsarchivs im Hafenmuseum zu sehen ist. Und sobald das – privat finanzierte – Haus die Mittel dafür hat, sollen neben den Hörstationen Listen ausliegen, die die Gestapo über die Zwangsarbeiter angelegt hat. Geordnet nach Geschlecht, Herkunft und Zahl des Bewachungspersonals. grä