Geld verdienen mit Staus

Ein weltweiter Exportschlager soll der neue Ruhrpilot werden. Der ruhrgebietsweite Datenverbund aus Straßenlage und öffentlichem Nahverkehr könnte in anderen Metropolen vermarktet werden

VON PETER ORTMANN

Das Handy klingelt, das Fax rattert, der PC meldet piepend eine einlaufende Email. Diese Geräuschkulisse könnte in Zukunft die Pendler im Ruhrgebiet aus dem Bett zwingen, wenn der so genannte Ruhrpilot in den Betrieb gegangen ist und der User individualisierte Infos dort abruft – gegen Bezahlung natürlich. Die Verkehrs-Projektidee der landeseigenen Projekt Ruhr GmbH (PRG) steht kurz vor der praktischen Realisierung, die Bezirksregierung in Arnsberg hat dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr gerade 7,7 Millionen Euro dafür bewilligt. Auch die meisten Kommunen und Kreise im Ruhrgebiet sind finanziell mit ins Boot gestiegen, denn einerseits trägt das Land 80 Prozent der Kosten, andererseits wird damit auch kostengünstig das Verkehrsleitsystem in Stadt und Kreis restauriert. Und sofern eine Stadt sich per Einlage in die Besitzergesellschaft einkauft, kann sie zusätzlich noch, bei einem möglichen Verkauf des Ruhrpiloten-Systems weltweit, am Gewinn partizipieren.

„Im Falle eines Verkaufes fließt etwas zurück“, bestätigt Ruhrpilot-Projektleiter Benno Hense der taz die mögliche Rendite. Den Zuschlag für die Errichtung und anschließenden Betrieb des Ruhrpiloten bekam ein Konsortium unter Führung von Siemens Industrial Solutions and Services. In der Public-Private-Partnership Betreibergesellschaft haben sich auch die Karlsruher Planung-Transport-Verkehr AG, die Bonner DDG Verkehrsdaten Gesellschaft und die Essener Verkehrs AG eingekauft. Sie sind es auch, die die Software-Entwicklung von Michael Schreckenberg vermarkten wollen. Der Duisburger Physikprofessors ist allerdings überzeugt davon „dass sich mit Verkehrsinformationen kein Geld verdienen lässt“. Dennoch hat das Konsortium einen 10-Jahresvertrag unterschrieben. „Ohne wenn und aber“, sagt Bodo Hense. Selbst wenn einer Pleite mache.

Neu ist, dass der Ruhrpilot die Daten aller Verkehrsträger vernetzt. So soll der Benutzer in Zukunft die Daten des Öffentlichen Personen Nahverkehrs (ÖPNV) zusätzlich zu den Infos von Autobahnen und Nebenstraßen erhalten können, um so bei Staus häufiger mal den Pkw stehen lassen. Werner Reh vom Bund für Umwelt und Naturschutz befürchtet dennoch, dass der Autoverkehr eher auf nachgeordnete Straßen umgeleitet wird und Martin Tönnies, Verkehrsexperte der NRW-Grünen, sieht zusätzlich Probleme in städtischen Randbezirken durch Feinstaub, Lärmbelastung und CO2. „Das ist die wichtigste kommunale Aufgabe, das zu verhindern“, sagt er.

„Die Städte können bestimmte Straßen für jedem beliebigen Tag aus dem Datenbestand des Ruhrpiloten herausnehmen“, sagt Jens Geier von der PRG. Damit sollen starke Umwelt-Belastungen der Nebenstraßen im Ruhrgebiet verhindert werden.