Grüne trauen Sarrazin nicht

Grüne fordern mehr Einblick für Abgeordnete bei der Abfindung von Fondsanlegern der Bankgesellschaft. Sonst drohe eine teure „Blankovollmacht“ für Finanzsenator Sarrazin

Der Bankenskandal und seine Folgen sind ein schier unüberschaubares Feld. Da verlieren selbst die Mitglieder des zuständigen Abgeordnetenhaus-Ausschusses mal die Übersicht. Wenn es nach einem Antrag der Grünen geht, soll sich das bald ändern. In dem Papier fordern sie mehr Zeit und Unterstützung von Experten, die sich mit ihnen über die Aktenberge beugen. Außerdem greifen die Grünen das Verhalten von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) an. Morgen soll sich der Vermögensausschuss mit dem Antrag befassen.

Die Grünen kritisieren, das Abgeordnetenhaus bleibe bei den Verhandlungen der Finanzverwaltung mit Fondsanlegern der Bankgesellschaft außen vor. Sarrazin handle ohne ausreichende Rücksprache mit dem Parlament und sei dabei, Fondsanlegern durch Verträge eine „Blankovollmacht“ des Senats auszustellen. Die könne das Land Berlin teuer zu stehen kommen. Deshalb fordert das Grünen-Mitglied im Untersuchungsausschuss zum Bankenskandal, Jochen Esser: „Wir möchten die Unterlagen des Senats sehen, wie er die Zukunft der Fondsabfindungen sieht.“

Der Sprecher der Finanzverwaltung, Matthias Kolbeck, hält dagegen. Die Informierung des Abgeordnetenhauses reiche aus. Und die Verhandlungen der Senats-Prüfstelle BCIA (Berliner Gesellschaft zum Controlling der Immobilien-Altrisiken) mit den Fondsanlegern „sind gedeckt durch Beschlüsse und Verträge aus dem Jahr 2002“.

Damals stimmte die Parlamentsmehrheit für das so genannte Risikoabschirmungsgesetz. Das sieht vor, insgesamt 21,6 Milliarden Euro aus der Landeskasse für eventuelle Folgekosten der Bankenkrise bereitzuhalten. Die Grünen fühlen sich rückblickend bei der Entscheidungsfindung überrumpelt: Zeitdruck und fehlende Informationen hätten ihre Entscheidungsfindung behindert.

Jetzt hoffen die Grünen, dass ihre neuen Rechenmodelle Steuergelder sparen werden. So könnten Abfindungen für die Fondsanleger womöglich mehr Geld retten als pauschale Schadensersatzzahlungen, sagt Grünen-Finanzexperte Esser. Ob ihre Rechnung aufgeht, werden die Abgeordneten aber erst durch Expertenunterstützung wissen, schränkt auch das grüne Ausschussmitglied Barbara Oesterheld ein: „Wir sind keine Wirtschaftsprüfer.“ MATTHIAS LOHRE