verpasst?
: Clint Steinbrück vs. Cary Rüttgers

„Das Duell“, 21.00 Uhr, ZDF u. WDR

Vielleicht hätten Trommelwirbel geholfen, aber vermutlich nicht viel. Peer Steinbrück und Jürgen Rüttgers waren in den Augen der Regisseure ganz einfach Fehlbesetzungen für den großen Showdown. Zwei biedere ältere Herren eignen sich eben nicht für die Inszenierung eines Duells, und Meinungsverschiedenheiten über Steinkohlesubventionen sind weniger aufregend als der Kampf um eine schöne Frau. Das spricht übrigens nicht gegen den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und seinen Herausforderer. Im Gegenteil. Sie bewerben sich nicht um den Titel des besten Revolverhelden, sondern um ein schwieriges Amt in einer schwierigen Zeit. Außerdem gibt es Leute, die ein solches Gespräch vor einer wichtigen Wahl interessant finden.

Wobei nicht jede Sendung unterhaltsam sein muss. Manchmal können Informationen einen ganz eigenen Reiz entwickeln. Wie sich weit herumgesprochen hat, allerdings erkennbar nicht bis zu allen Programmplanern des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Wer immer bei ZDF und WDR für das Konzept des Schlagabtauschs verantwortlich war, wurde offenkundig vor allem von einer Sorge gequält: dass die Sendung langweilig sein könnte. Was ja angesichts der Tatsache, dass die Kontrahenten nicht einfach durch Clint Eastwood und Cary Grant ersetzt werden konnten, für Liebhaber des klassischen Western nicht auszuschließen war. So griff man in der Not zu einem vertrauten Gegenmittel. Das Gespräch wurde mit Mätzchen garniert.

Eine Kommunikationstrainerin plauderte im WDR über die jeweilige Kleiderfarbe der Gesprächspartner und wusste auch manch anderes zu erzählen, was dem Publikum die Wahlentscheidung gewiss erleichtern wird: dass nämlich Rüttgers mit dem Körper wippt und Steinbrück die Lippen zusammenpresst, wenn sie sich angegriffen fühlen. Ach. Im ZDF durften die Zuschauer unterdessen verfolgen, welch verblüffende Ergebnisse investigativer Journalismus zutage fördern kann. Die harte Recherche vor Ort ergab: CDU-Anhänger waren mehrheitlich der Meinung, Jürgen Rüttgers habe sich besser geschlagen. SPD-Wähler sahen hingegen Peer Steinbrück als Sieger. Wer hätte das gedacht.

Um im hart umkämpften Nachrichtengeschäft bestehen zu können, muss man schneller sein als die Konkurrenz. Aber wie soll das zu schaffen sein, wenn man selbst gemeinsam das Ereignis inszeniert hat, über das es zu berichten gilt? Die WDR-Verantwortlichen hatten eine gute Idee: eine Meinungsumfrage, deren Ergebnisse eine halbe Stunde nach Gesprächsende vorlagen. Toll. Wie sollte sich das noch toppen lassen? Das ZDF hat es geschafft. Im Videotext des Senders wurde über das „TV-Duell“ in der Vergangenheitsform berichtet, während es noch lief. Kein Wunder: es handelte sich um eine Aufzeichnung. Das ist Spannung, das ist Tempo.

Und was ist herausgekommen? Nichts, wovon sich nicht auch das Gegenteil behaupten lässt. War die Sendung also überflüssig? Nicht doch. Wer sich für Politik interessiert, fand sie aufschlussreich. Nur das Rahmenprogramm war verzichtbar.

BETTINA GAUS