Gefahr für Schwarz-Gelb
: Kommentar von BETTINA GAUS

Ob es wirklich zu einem Linksbündnis kommt, steht – auch aus rechtlichen Gründen – noch nicht endgültig fest. Aber etwas ist jetzt schon sicher: Oskar Lafontaine hat mit seiner Ankündigung, für ein solches Bündnis kandidieren zu wollen, auf einen Schlag deutlich gemacht, wie ungewiss alle scheinbaren Gewissheiten in Wahrheit sind. Wenn sich tatsächlich eine linke Liste zur Wahl stellt, dann werden die Karten neu gemischt.

Nicht zur Freude der Bundestagsfraktionen. Sie haben zwar jeweils unterschiedliche Gründe, ein Linksbündnis zu fürchten – aber Grund dazu haben sie alle. Die Chancen, dass Oskar Lafontaine und seine Mitstreiter die Fünfprozenthürde überspringen können, stehen gut. Umfragen bescheinigen derzeit sogar der PDS allein, dass sie es schaffen kann, und der Wahlalternative WASG ist es in Nordrhein-Westfalen immerhin gelungen, aus dem Stand mehr als 2 Prozent zu holen. Selbst ohne prominentes Zugpferd.

Die potenzielle Zielgruppe einer linken Liste sind – neben der PDS-Klientel – vor allem enttäuschte Anhänger von SPD und Grünen. Das kann den Koalitionsparteien nicht gefallen. Hinzu kommt, dass sich möglicherweise auch einige sozialdemokratische Abgeordnete dazu entschließen, für das Linksbündnis zu kandidieren, und Gerhard Schröder dann tatsächlich die Mehrheit im Bundestag verliert. Das würde zwar alle verfassungsrechtlichen Probleme im Zusammenhang mit den Neuwahlen lösen, wäre aber dennoch keine gute Ausgangsposition für den Wahlkampf.

Auch die Opposition hat Anlass zur Sorge. Falls ein Linksbündnis genügend Nichtwähler mobilisiert, ist die sicher geglaubte schwarz-gelbe Mehrheit in Gefahr. Eine große Koalition rückte in den Bereich des Möglichen. Für die Union wäre das unbequem, für die FDP das Ende aller Blütenträume. Gibt es also niemanden, der Anlass hätte, sich über eine linke Liste zu freuen? Doch. Viele derjenigen, die schon lange finden, dass die programmatischen Unterschiede zwischen den Parteien immer kleiner werden, und die deshalb meinen, eigentlich keine Wahl mehr zu haben, wen sie wählen sollen. Tritt das Linksbündnis an, dann haben sie eine Wahl.