Caritas muss Beratungsstellen schließen

Im Raum Aachen kann die Caritas einen großen Teil ihrer Beratungsstellen nicht mehr halten. Das Bistum will doppelt so viel Geld kürzen wie ursprünglich angekündigt. Caritas-MitarbeiterInnen halten den Sparkurs für ungerecht

AACHEN taz ■ Der Caritas-Regionalverband Krefeld steckt in einer tiefen Krise: Er muss in den kommenden Jahren entweder seine Migrantenberatung oder die Suchtberatung komplett einstellen. Der Grund: Das Bistum Aachen hat vorgestern angekündigt, im Bereich der Wohlfahrt doppelt zu so viele Geld einzusparen als ursprünglich geplant. „Das trifft uns hart“, sagt Hans-Georg Liegener, Geschäftsführer des Regionalverbands Krefeld. Zwar habe eine Ausweitung der Kürzungen bereits seit ein paar Wochen im Raum gestanden, doch „die Entscheidung kam auch für uns überraschend“.

Die Kürzungen um 40 statt 20 Prozent gefährden nicht nur die Caritas-Beratungsstellen in Krefeld. Betroffen sind alle sozialen Dienste in der Diozöse, die hauptsächlich über Kirchensteuern finanziert werden. Auch der Sozialdienst der katholischen Frauen (SKF) kann sein Beratungsangebot nicht aufrechterhalten. Margit Schmitt, Geschäftsführerin des SKF in der Gemeinde Stolberg, kritisiert den Sparkurs des Bistums. „Ich habe den Eindruck, dass die Caritas im Vergleich zu anderen Arbeitsbereichen überproportional von den Kürzungen betroffen ist.“

Auf den Wegfall von Kirchensteuern durch Austritte und die Steuerreform haben zwar alle Kirchen im Land mit Kürzungen reagiert. Doch die Einschnitte bei der Diozöse Aachen sind gravierender als in den Nachbarbistümern: Missmanagement und fehlende Rücklagen haben sie zu einem Sanierungsfall gemacht.

„Wir kennen die Fakten, die Höhe der Kürzungen sind aber nicht in Ordnung“, sagt Burkhard Schröders, Direktor des Caritas-Diözesanverbands im Raum Aachen. Man bemühe sich bereits heute, die zunächst geplanten Kürzungen von 2,6 Millionen umzusetzen. „Damit können wir gerade noch umgehen“. Eine weitere Kürzung in der gleichen Höhe bis 2012 ziehe jedoch den Wegfall von kompletten Arbeitsfeldern und Beratungsstellen nach sich. Schröders warnt davor, „den Wagen Caritas vor die Wand zu fahren“.

Reiner Schirra, Pressesprecher des Bistums, versucht die aufgebrachten Gemüter bei der Caritas zu beschwichtigen. „Wir überlegen uns eine Gegenfinanzierung ab 2006“, sagt er. Woher das Geld dafür kommen soll, weiß er „auch noch nicht genau“. Auch eine Aufrechterhaltung der Beratungsstellen und anderen sozialen Dienste könne das Bistum nicht garantieren.

Martin Wißmann, Sprecher des Bistums Münster, hält die Situation im Raum Aachen für einen Sonderfall. In seinem Bistum sei der Topf für die sozialen Dienste von 22,4 Millionen im Jahr 2004 um 500.000 Euro gekürzt worden. Beratungsstellen seien dadurch nicht gefährdet. Langfristig müsse jedoch auch in seiner Region darüber nachgedacht werden, ob die katholische Kirche all ihre Aufgaben aufrecht erhalten könne.

Die Caritasverband im Bistum Essen soll bis 2007 fünf Prozent der Kosten einsparen. Bisher ist dort eine Auflösung von Beratungstellen nicht im Gespräch. Auch im Erzbistum Köln führen die acht Prozent Kürzungen nicht zur Einstellung von sozialen Diensten. NATALIE WIESMANN