„Am Zug ist jetzt die Yorck 59“

Nach der Räumung der Yorckstraße 59 wartet Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (PDS) auf Initiativen der ehemaligen BewohnerInnen. Es sei weiterhin möglich, über den Kauf eines Ersatzgebäudes zu verhandeln

taz: Frau Reinauer, die Yorckstraße 59 ist seit Montag geräumt. Dem Image von Kreuzberg schadete es sicher nicht, dass Projekte wie die Antirassistische Initiative (ARI) dort angesiedelt waren. Ist nach der Räumung nicht der Bezirk gefordert, jetzt erst recht eine Lösung zu finden, da sonst ein weiterer Teil der originären Kreuzberger Leichtigkeit verloren geht?

Cornelia Reinauer: Wir haben den Leuten von der Yorck 59 immer angeboten, ihnen bei der Suche nach Räumen für die Initiativen behilflich zu sein. Bisher haben sie es abgelehnt, Extraräume für die ARI zu suchen, weil sie ihr Wohnprojekt nicht davon trennen wollten.

Sind die Fronten durch die Räumung so verhärtet, dass eine Lösung nicht mehr möglich ist?

Meinerseits sind die Fronten nicht verhärtet. Die Yorck 59 hat bis zum Schluss sehr konsequent für den Verbleib und den Erhalt ihres Projektes in der Yorckstraße gekämpft – das respektiere ich. Ich hätte mir gewünscht, dass sie auf unser Angebot am Freitag eingegangen wären, weil ich überzeugt bin, dass die Räumung so hätte vermieden werden können. Das Hausprojekt hätte dadurch – wenn auch mit Zwischenstationen – einen langfristigen Standort bekommen

Wie geht es jetzt weiter?

Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Am Zug ist die Yorck 59. Ich sehe mich derzeit nicht in der Verantwortung, zu handeln. Aber wenn die Leute von der Yorckstraße 59 weiterhin meine Unterstützung wünschen, werden sie sie bekommen. Das heißt nicht, dass deren ideale Wunschvorstellungen jetzt verwirklicht werden. Das Land hat nichts zu verschenken. Wie alle anderen Vereine und Träger müssen auch sie eine angemessene Miete oder beim Kauf eines Gebäudes den Verkehrswert bezahlen.

Christian Ströbele von den Grünen und der Rechtsanwalt der BewohnerInnen meinen, dass die Angebote wegen ihrer Sanierungsrisiken für die ehemaligen BewohnerInnen der Yorck 59 nicht kalkulierbar waren. Das klingt nicht so, als sei von Bezirksseite alles unternommen worden.

Auf die Ratschläge von Herrn Ströbele kann ich verzichten. Er war in die Diskussionsprozesse einbezogen. Jetzt zu behaupten, die Räumung sei nicht notwenig gewesen, ist fahrlässig und populistisch.

Ein Umzug in ein unsaniertes Objekt hätte auch bedeutet, dass die BewohnerInnen noch einmal von vorne beginnen. Ist das nicht zu viel verlangt?

Sicher, aber da müssen wir jetzt mal die Rolle des Bezirks klarstellen: Die Yorck 59 hatte einen Mietvertrag für fünf Jahre. Der ist ausgelaufen. Der Vermieter hat eine Verlängerung mit 100-prozentiger Mieterhöhung verlangt. Diese wurde auf ihre Zulässigkeit geprüft. Denn im alten Vertrag gab es einen Passus, wenn sich die Parteien nicht einigen, was der Fall war, wird eine dritte Instanz eingeschaltet. Diese hat dann eine 50-prozentige Mieterhöhung bestätigt. In einer ersten Verhandlungsrunde mit dem Hauseigentümer, die ich moderierte, machte er dann folgendes Angebot: Das erste Jahr sollten die alten Mietbedingungen gelten, die nächsten vier Jahre die 50-prozentige Erhöhung. Danach wollte er das Mietverhältnis endgültig beenden. Dieses Angebot hat die Yorck 59 abgelehnt. Danach gab es weitere Versuche meinerseits, die beiden Parteien trotz gegenseitiger Beschuldigungen noch einmal an den Verhandlungstisch zu bekommen. Dies wurde vom Hausbesitzer abgelehnt. Unserer Aufgabe war es, zu vermitteln. Das haben wir sehr verantwortungsvoll getan.

Wo sind die BewohnerInnen jetzt?

Dies ist mir nicht bekannt. Sowohl Jugend- als auch Sozialamt waren am Tag der Räumung vorbereitet, Leute unterzubringen, wenn sie sich an uns wenden. Aber niemand hat sich gemeldet.

Was tun Sie, damit nun nicht alles im Sande verläuft?

Ich warte ab, ob die Leute von der Yorck 59 auf uns zukommen. Es besteht nach wie vor die Möglichkeit, mit dem Liegenschaftsfonds über den Kauf eines der angebotenen Gebäude zu verhandeln.

Interview: WALTRAUD SCHWAB