Hoffnung für gläserne Behörden

Zwei schwarz-gelbe Länder können das rot-grüne Informationsfreiheitsgesetz retten

FREIBURG taz ■„Jetzt kann die FDP zeigen, wie wichtig ihr die Bürgerrechte wirklich sind“, sagt Christoph Bruch von der Humanistischen Union, „denn die FDP hat es jetzt in der Hand, das Informationsfreiheitsgesetz doch noch vor der CDU-Blockade zu retten.“

Eigentlich ist die FDP für ein Gesetz, das den Bürgern Anspruch auf Akteneinsicht bei Bundesbehörden verschafft. Den Liberalen ist der rot-grüne Ansatz aber zu lasch. Deshalb enthielten sie sich im Juni, als das Gesetz im Bundestag beschlossen wurde, der Stimme. „Das Gesetz ist nur eine Minimallösung“, so der FDP-Abgeordnete Max Stadler und verwies auf die vielen Ausnahmen, zum Beispiel bei Polizei, Geheimdiensten und Verteidigung.

Da sich das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nur auf Bundesbehörden bezieht, ist die Zustimmung des Bundesrats nicht erforderlich. Die Länderkammer könnte das Gesetz aber in den Vermittlungsausschuss schicken, wo es bis zur Neuwahl liegen bleiben und deshalb scheitern würde. Ob der Union dieses Manöver gelingt, hängt nun ab vom Verhalten derjenigen Länder, in denen sie gemeinsam mit der FDP regiert. Wenn sich von den vier schwarz-gelben Ländern (Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen) nur zwei der Stimme enthalten, ist das IFG gerettet und kann in Kraft treten. Doch noch ist völlig offen, wie sich die FDP in den Ländern verhält. Denn in der Wirtschaft gibt es eine diffuse Angst vor „mehr Bürokratie“ durch das neue Gesetz – obwohl Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen auf diesem Weg nicht ausgeforscht werden können.

Letztlich wird sich an dieser Frage also zeigen, ob sich in der FDP eher die Bürgerrechtler oder die Wirtschaftspolitiker durchsetzen. Morgen wird der Rechtsausschuss des Bundesrats über das Projekt beraten. Den bisherigen FDP-Einwand, dass das rot-grüne Gesetz nicht ausreichend sei, wird am Ende wohl niemand ernst nehmen. Denn nach einem Wahlsieg hätte es die FDP ja mit der CDU/CSU zu tun, die die gläserne Verwaltung generell ablehnt. Vielmehr könnte die FDP, wenn sie will, jetzt mit rot-grüner Hilfe ihren künftigen Koalitionspartner vor vollendete Tatsachen stellen.

Die Union ihrerseits macht das bei anderen rechtspolitischen Projekten genauso. Erst vorige Woche einigten sich die Regierungsparteien mit der CDU/CSU auf einen Kompromiss beim großen Lauschangriff, während die FDP für die völlige Abschaffung der akustischen Wohnraumüberwachung eintritt.

Rot-Grün steht also derzeit – zumindest bei rechtspolitischen Projekten – gar nicht so hilflos und umfassend blockiert da wie allgemein angenommen. Zum Beispiel ist zu erwarten, dass die Union dem von Justizministerin Zypries geplanten Gesetz zur Offenlegung von Managergehältern zustimmt, während die FDP eine weniger strenge Regelung bevorzugt.

Und bei den von Rot-Grün geplanten Neuerungen beim genetischen Fingerabdruck könnte es sogar sein, dass Union und Liberale mittun, um spätere Koalitionskonflikte zu vermeiden. Hier will Rot-Grün künftig auch das DNA-Profil von Kleinkriminellen speichern, wenn diese regelmäßig straffällig werden. Der Union geht das nicht weit genug, die FDP ist eher vorsichtiger als Rot-Grün.

Die Beispiele zeigen aber auch, dass sich die Rechtspolitik nach der Wahl nicht allzu sehr von der bisherigen unterscheiden wird. Eine harte Front zwischen Rot-Grün und vereinter Opposition gibt es derzeit nur beim Antidiskriminierungsgesetz. CDU und FDP wollen dieses Gesetz gemeinsam auf das von der EU geforderte Minimum abspecken. CHRISTIAN RATH