Totale Party für unser Europa

Christopher Street Day lockt Hunderttausende in die Innenstadt. Auch der alternative CSD in Kreuzberg, der zum letzten Mal stattfand, ist gut besucht – Preis für Zivilcourage verliehen

VON RICHARD ROTHER

Was in vielen Städten der Erde unmöglich und in Warschau schwierig ist, ist in Berlin längst selbstverständlich: dass zehntausende Schwule und Lesben für ihre Rechte auf die Straße gehen und feiern. So auch beim traditionellen Christopher Street Day (CSD) am Samstag.

Rund 25.000 Menschen demonstrierten nach Veranstalterangaben unter dem Motto „Unser Europa gestalten wir!“ durch die Berliner Innenstadt – und trotz strömenden Sommerregens wurden sie von bis zu 400.000 Zuschauern umsäumt. Zum alternativen CSD zog es einige tausend TeilnehmerInnen nach Kreuzberg, die DemonstrantInnen hier kritisierten vor allem die Kommerzialität des „großen CSD“.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der mit dem Satz „Ich bin schwul, und das ist gut so“ in den letzten Wahlkampf gezogen war, nannte die CSD-Parade „eine machtvolle Demonstration für die Gleichberechtigung“. Für uns sei heute vieles selbstverständlich, so Wowereit. Die Solidarität gelte aktuell den Freunden im Nachbarland Polen. In Warschau ist der CSD-Umzug bereits zum zweiten Mal verboten worden, vor zwei Wochen kam es dort am Rande einer Demonstration von Schwulen und Lesben zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Mit dem CSD erinnern Schwule und Lesben jährlich weltweit an Polizeiübergriffe gegen Homosexuelle im Jahr 1969 in New York.

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) forderte auf der Abschlusskundgebung an der Siegessäule die volle Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen. Diese seien in Lebenspartnerschaften benachteiligt, so LSVD-Bundesvorstand Axel Blumenthal. Während sie im Sozialrecht in die Pflicht genommen würden, behandele man sie im Steuerrecht wie Fremde.

Der Berliner CSD verlieh indes den Zivilcouragepreis 2005. Er geht an ein schwules Selbsthilfeprojekt aus Kiew, an die European Gay and Lesbian Sport Federation und an die Berliner Rechtsanwältin Seyran Ateș. Ateș wurde ausgezeichnet, weil sie sich öffentlich für ihre Überzeugung von einer „freien, selbstbestimmten und gleichberechtigten Lebensweise“ eingesetzt habe, hieß es. Basis ihrer Arbeit sei der Grundgedanke der europäischen Menschenrechte.

siehe Protokolle SEITE 22