Der Safe als Herausforderung

Zwei 39-jährige Familienväter müssen sich vor dem Landgericht veranworten. Sie sollen als Mitglieder einer Panzerknackerbande mehrfach Banktresore aufgebrochen haben

Übung macht den Meister – diese fundamentale Erkenntnis holte auch zwei Mitglieder einer Panzerknackerbande ein, die sich seit gestern vor dem Landgericht verantworten müssen. Die beiden 39-jährigen Handwerker sollen laut Staatsanwaltschaft Anfang 1997 in drei beziehungsweise vier Banken versucht haben, Tresore aufzuschweißen.

Nur in zwei Fällen waren sie erfolgreich – trotz intensiver Vorbereitung. Erst einmal sind sie „ableuchten“ gefahren. Diese Touren hat Jörg B., der bereits Anfang der 90er-Jahre einen Banküberfall verübt hatte, stets genau geplant: Er hatte Fotos und Lagepläne von Banken und Sparkassen aus dem Internet dabei. Während sein Komplize Michael M. im Auto wartete, prüfte er mit einer Taschenlampe die Lage vor Ort.

Im Januar 1997 hat die Panzerknackerbande ihr Ziel ausspioniert: die Stadtsparkasse in Förderstedt in Sachsen-Anhalt. Michael M. steht draußen Schmiere, während Jörg B. mit zwei weiteren Gaunern die Tür des Gebäudes aufbricht und sich mit dem Schweißbrenner an die Tresortür des Geldautomaten macht. Vergeblich. Das Metall ist zu stark für die drei Einbrecher.

Noch in derselben Woche nimmt sich die Bande eine Volksbank im thüringischen Worbis vor. Doch am Tresor angelangt, will auch dieser dem Schweißbrenner nicht nachgeben. Erst beim dritten Mal klappt der Einbruch. Es ist erst halb acht Uhr abends, als die drei Männer ein Fenster in einer Sparkasse in Crivitz in Mecklenburg-Vorpommern aufdrücken, sich durch eine Gipsdecke Zugang zum Tresorraum verschaffen, dann den Safe aufbrennen und 31.550 Mark einsacken können.

Doch danach beginnen die Intrigen zwischen den Männern. Vor Gericht gibt Michael M. zunächst als Grund an, nichts von der Beute bekommen zu haben. Laut seiner Aussage beteuerten die drei anderen ihm gegenüber, den Tresor überhaupt nicht geknackt zu haben. Später in der Gerichtsverhandlung sagt er dann aus, „nicht ganz ausschließen“ zu können, dass er seinen Anteil bekommen hat. Sicher scheint, dass der 39-Jährige sich von Jörg B. ausgenutzt gefühlt hat. Er habe immer nur im Auto gewartet und nie gewusst, ob er irgendwann Geld bekäme. Nach drei Überfällen wird ihm die Sache zu heikel. Er steigt aus.

Jörg B. macht hingegen weiter: Der Familienvater erbeutet Anfang Juni 2001 in der Sparkasse Hochkirch in Sachsen rund 311.000 Mark. „Ich wollte zu Geld kommen, ich war vollkommen pleite“, erklärte der Metallhandwerker aus Pankow vor Gericht. Mitte der 90er-Jahre habe er für ein Küchenstudio gearbeitet, das ihn fünf Monate lang nicht bezahlt habe, ohne ihm zu kündigen. So beschaffte er sich mit geklauten Geldkarten und gefälschten Überweisungen Bares.

„Irgendwann musste das alles rauskommen“, sagte Michael M. gestern. Ende vergangenen Jahres wurden die beiden vorbestraften Familienväter von ihren Komplizen verpfiffen, die bereits in Thüringen zu jeweils rund fünf Jahren Haft verurteilt wurden. Michael M. und Jörg B. drohen nun maximal zwei Jahre auf Bewährung beziehungsweise acht Jahre Haft. Der Prozess wird voraussichtlich am Freitag fortgesetzt. KATHI PREPPNER