Polizei löscht Schwulen-Register

NRW-Innenministerium relativiert „Spiegel“-Bericht: Das Homosexuellenregister der Polizei ist seit Monaten gesperrt, eine Arbeitsgruppe sucht nach weiteren Diskriminierungen: „Furchtbarer Fehler“

von MIRIAM BUNJES

Das Land Nordrhein-Westfalen sperrt seine neue Homo-Datensammlung. Eine Arbeitsgruppe im Innenministerium korrigiert zur Zeit gravierende Fehler der Polizei: Das seit Beginn des Jahres in NRW, Bayern und Thüringen verwendete Computer-Fahndungssystem IGVP (Integrierte Vorgangsverarbeitung der Polizei) sieht eine gesonderte Registrierung von Tätern, Opfern und Zeugen mit homosexueller Orientierung vor. Homosexuelle werden von IGVP als Tätergruppe klassifiziert und „Aufenthaltsorte von Homosexuellen“ als mögliche Tatorte gelistet, berichtete gestern der Spiegel.

In den nordrhein-westfälischen Polizeicomputern wurden diese Fahndungskategorien bereits im April gesperrt, relativiert ein Sprecher des NRW-Ministeriums den Spiegel-Bericht. „Bei der Entwicklung von IGVP sind furchtbare Fehler passiert“, sagt Wolfgang Beus. „Da sind völlig unkritisch Kategorien aus alten Systemen übernommen worden.“ Als der Verband schwuler und lesbischer PolizistInnen den Innenminister auf die ungleiche Behandlung homosexueller BügerInnen aufmerksam machte, habe die zentrale Polizeibehörde mit der sofortigen Sperrung mehrerer Schlagworte von IGVP reagiert. „Es ist natürlich nicht rechtmäßig, die sexuelle Orientierung im Polizeicomputer zu erfassen“, sagt Beus. Obendrein seien die Kategorien „ermittlungstechnisch schwachsinnig“: „Die Frage nach sexuellen Vorlieben machen nur bei der Aufklärung von Sexual- oder Diskriminierungsstraftaten Sinn.“

Ziel der „Integrierten Vorgangsverarbeitung der Polizei“ ist es, sämtliche Vorgänge zu vereinheitlichen. Entsprechend enthält das System mehr als 2,8 Millionen Schlagwörter. Die Fahndung nach diskriminierenden Kategorien wird deshalb noch einige Wochen lang dauern. „Dann haben wir dieses hässliche Kapitel hoffentlich für immer hinter uns“, sagt Wolfgang Beus. „Alle bislang erhobenen Daten über Homosexuelle wurden selbstverständlich gelöscht.“ Eigentlich arbeite die nordrhein-westfälische Polizei seit Jahren mit Homosexuellen-Verbänden zusammen, um die Bevölkerung und auch sich selbst für Diskriminierungen zu sensibilisieren.

Auch Klaus Jetz vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD) betont die gute Zusammenarbeit mit der NRW-Polizei. „Aus NRW haben wir schon länger keine Beschwerden mehr über Diskriminierung durch Polizisten gehört“, sagt LSVD-Geschäftsführer. Er findet es unfassbar, dass Homosexuelle zehn Jahre nachdem die Homosexualität endgültig aus dem deutschen Strafgesetzbuch verschwunden ist, in den deutschen Polizeibehörden „immer noch in den alten Kategorien gedacht wird“. Und das sei schließlich auch in Nordrhein-Westfalen monatelang niemandem aufgefallen. „Die Registrierung erinnert an die rosa Listen der Nazis“, sagt Jetz. „Unsere Sexualität macht uns zu Verbrechern.“

Der Bundesverband der grünen Jugend hat gestern die sofortige Einstellung des Systems gefordert. Zu Recht habe es niemanden zu interessieren, ob sich jemand zu Männern oder zu Frauen hingezogen fühle. Der Verband lesbischer und schwuler Polizeibeamter geht davon aus, dass nicht nur in den Bundesländern Bayern und Thüringen Daten von Homosexuellen gespeichert werden.