Zärtlichkeit im Grand Hotel

Die Hansen Band geht auf Tour, bevor der Film, in den sie eigentlich gehört, ins Kino kommt. Und Schauspieler Jürgen Vogel wird mit Hilfe zum immer echteren Rockstar

Herrmann hat im tip vom Konzert gelesen und ist einfach hingegangen. Das macht er manchmal so. Jetzt sitzt er im Hof des Postbahnhofs und will wissen, was es denn mit diesem Grand-Hotel-Banner über der Bühne auf sich hat? Und überhaupt: Wer ist eigentlich die Hansen Band?

Also gut, versuchen wir das Knäuel mal zu entwirren. Grand Hotel van Cleef ist eine Hamburger Plattenfirma (man traut sich Herrmann gegenüber nicht „Label“ zu sagen, Herrmann ist schon etwas älter, der kurze Vollbart angegraut, aber Lederjacke!), bei der die Bands Tomte und Kettcar unter Vertrag sind. Deren Sänger, Thees Uhlmann und Marcus Wiebusch, haben Songs geschrieben für den Film „Keine Lieder über Liebe“, der im Oktober erst in die Kinos kommt und in dem Jürgen Vogel einen Sänger spielt. Für die Dreharbeiten inszenierte Regisseur Lars Kraume eine kleine Mini-Tournee quer durch die Republik, die einiges an mythischem Stoff hergegeben hat – Jürgen Vogels Durchfallattacken vor dem ersten Auftritt in Hannover zum Beispiel.

Wie auch immer. Die in puncto Fiktiv-Sein nur haarscharf an den Gorillaz vorbeischrammende Filmband „Hansen Band“ spielt also jetzt mal so richtig und echt und gewagterweise noch vor Kinostart. Der Grand-Hotel-van-Cleef-Hype plus Allzeitliebling Jürgen Vogel machen mutig.

Die gestandenen Frontschweine Uhlmann und Wiebusch dürfen heute nur wenig singen, hauptsächlich spielen sie Gitarre – in der Hansen Band und alleine. Das Praktische an einer All-Star-Band ist, dass man keine Vorgruppe braucht. Man schickt einfach Uhlmann auf die Bühne, lässt ihn im Sitzen drei Tomte-Songs intonieren, irgendwer ruft „Aufstehen!“, Uhlmann verweigert sich, weil er „nur Geld für den Auftritt mit der Hansen Band“ bekomme. Das ist natürlich ein Scherz, denn für das von ihm geführte Label ist der Film samt Soundtrack eine Gelddruckmaschine.

Als Jürgen Vogel die Bühne betritt, geraten auch die Dauerwellen im Publikum in Verzückung. „Wir sind die Hansen Band“, brüllt er ins Mikro. Die Menge jubelt sich schon mal warm. Natürlich liegt das kollektive Wohlwollen auch daran, dass man den Wodka Lemon gegen die Aufregung trinkenden Rockstardarsteller, der immer wieder ungläubig „Wer hätte das gedacht?“ murmelt, anfeuern will – in der Hoffnung, dass seine Stimme dadurch fester, kräftiger wird.

Die Songs können ihre Herkunft nicht verbergen: Eingängiger Deutschpop mit verschwurbelten Texten, in denen niemand gerne alleine ist, wenn ein Krieg ausbricht, oder zwischen Raufaser und Wand die Hoffnung fremder Leben klebt. Man kann immer genau erkennen, wessen Texte Vogel gerade singt – auch weil der jeweilige Komponist in den Refrain einstimmt.

Textsicher ist auch Heike Makatsch, die im Film eine Affäre mit Vogel hat und jede Zeile mitsingt: „Und was macht eigentlich Baby Melancholie …“ Das Konzert erinnert an ein Klassentreffen. Die Band versteht sich prächtig und schwelgt in Erinnerungen an die Dreharbeiten-Tour. Thees Uhlmann, sonst nüchtern norddeutsch, wird richtig sentimental. „Ach, mein Vogelmann!“, sagt er und lächelt Jürgen Vogel zärtlich zu.

Nach dem Konzert trifft man Herrmann wieder: Auch ihm hat’s gefallen. DAVID DENK

Das Album „Keine Lieder über Liebe“ (Grand Hotel van Cleef) erscheint am 24. 10.