Kennzeichnungspflicht

Springer verliert vorerst Prozess um Streit, wie weit Werbung im Internet gekennzeichnet werden muss

BERLIN taz ■ Dem Versuch des Axel Springer Verlags, beim Online-Portal Bild.de die Grenzen zwischen Werbung und redaktionellem Teil konstruktiv weiter zu verwischen, hat das Berliner Landgericht jetzt einen ersten Riegel vorgeschoben. Hintergrund ist die Praxis von Bild.de, mit knackigen Anreißern (Teaser) auf der Startseite auf weitere Inhalte des Portals aufmerksam zu machen, ohne dass dabei zu erkennen ist, ob der entsprechende Link wirklich zu einem Redaktionsartikel oder einer schnöden Anzeige führt.

Werbe-Teaser

Konkret befasste sich das Gericht mit dem von der taz und den Bild-Beobachtern von bildblog.de aufgegriffenen Fall des so genannten Volks-Seat (taz vom 20. 1. 2005): Hier lies der „Flitzer für nur 11.900 Euro“ im Teaser den „Asphalt glühen“ – und führte zu einer Seat-Anzeige. Macht nix, argumentierte Bild.de laut der taz vorliegendem, noch nicht rechtskräftigen Urteil vor Gericht: „Der Internetbenutzer erwarte Werbung, weil dies die Gegenleistung für die kostenfrei zur Verfügung gestellten Inhalte sei.“ Nun wird nach Springers Hausgeboten („Journalistische Leitlinien“) natürlich „weiterhin“ großer Wert darauf gelegt, dass „Werbung auch als solche klar erkennbar ist“. Nur reiche im Internet halt aus, „wenn Werbung lediglich durch gut wahrnehmbare Anhaltspunkte kenntlich gemacht werden“. Ganz nach der Logik von Springer-Chef Mathias Döpfner, für den die Trennung von Redaktion und Werbung bei seinen Print-Titeln zwar „heilig“ ist – und der gleichzeitig „andere Spielregeln für den Online-Bereich“ reklamiert.

Geht aber nicht, so das Gericht nun im von den Verbraucherzentralen angestrengten Prozess. Der Teaser sei „genau so gestaltet wie die Hinweise, die zu redaktionell gestalteten Seiten führen“. Und ein Hinweis auf den werblichen Charakter der ganzen Angelegenheit sei für den Leser „selbst bei großzügiger Betrachtung“ nicht zu erkennen. Dass Bild.de argumentierte, man betreibe das Spielchen so schon seit drei Jahren und habe die Nutzer von Bild.de an diese Strategie gewöhnt, konnte das Gericht auch nicht beeindrucken.

Ablenkungsmanöver

Für Springer ist die ganze Angelegenheit ein nerviges Ärgernis: Wann erkennt ein Internet-Nutzer eine Anzeige als Anzeige? Da könne man ja durchaus geteilter Meinung sein, heißt es im Konzern – der prompt auf einen Nebenkriegsschauplatz ablenkt. Springer verwahrt sich vor der Darstellung der Verbraucherschützer, Bild.de habe Schleichwerbung getrieben. Das kann man in der Tat so sehen: Es war ganz normale Werbung. Schlimm nur, dass sie sich las wie ein ganz normaler redaktioneller Beitrag. Steffen Grimberg