FDP: Mehr Geld für alle

Steuersenkungen sollen Unternehmen nach Deutschland locken

DIE VORHABEN: Wie bei der Union firmiert auch das FDP-Programm unter dem Slogan „Vorfahrt für Arbeit“. Dabei setzen die Liberalen vor allem auf Steuersenkungen. Die Einkommensteuern werden auf einen Stufentarif von 15, 25 und 35 Prozent gedrückt. Die so genannte „flat tax“, also eine einheitliche Steuer für alle Einkünfte, ist als „langfristiges Ziel“ nicht aufgegeben, aber aufgeschoben. Die Liberalen lehnen die von der Union geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer ab. Die FDP will zwar auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um zwei Prozentpunkte senken, möchte aber die nötigen 15 Milliarden durch Einsparungen bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) finanzieren. Die BA soll ohnehin mittelfristig aufgelöst werden. Für Unternehmen soll es nur die beiden Steuertarife 15 und 25 Prozent geben. Die Gewerbesteuer wird abgeschafft. Subventionen werden flächendeckend um 20 Prozent rasiert. Die Ökosteuer würde die FDP zwar gern abbauen, doch wird vorerst darauf verzichtet. Auch die Liberalen wissen, dass diese für die Finanzierung der Rente unersetzbar ist.

Nach dem Prinzip „Einfachheit und Transparenz“ sollen auch alle steuerfinanzierten Sozialleistungen in einem „Liberalen Bürgergeld“ gebündelt werden. Dies Bürgergeld funktioniert wie eine negative Einkommensteuer und wird daher vom Finanzamt verwaltet. Die Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose werden so erweitert, dass der Anreiz zu arbeiten immer höher ist als der Anreiz, Bürgergeld zu beziehen. Auf diese Weise wollen die Liberalen einen breiten Niedriglohnsektor schaffen. Mindestlöhne werden abgelehnt.

Stattdessen hoffen die Liberalen, dass die Löhne nicht steigen werden. Der Einfluss der „Besitzstandswahrer“ in den Gewerkschaften soll zurückgedrängt werden. „Die FDP will das Tarifkartell aufbrechen“ und strebt betriebliche Bündnisse für Arbeit an.

DIE AUSWIRKUNGEN: Durch niedrige, einfache Steuern in Kombination mit Bürokratieabbau sollen inländische Unternehmen zum Verbleib und zur Investition bewegt werden. Gleichzeitig will man weitere ausländische Unternehmen nach Deutschland locken. Da sich materielle und psychologische Anreize für Unternehmer verbinden, können klare Angaben über Wachstum und Arbeitsplatzgewinn schwerlich gemacht werden. Doch entsprechen die FDP-Forderungen den Vorstellungen des Unternehmerlagers, das behauptet, es könne nur bei weiteren Erleichterungen überhaupt noch in Deutschland investieren. Obwohl die Liberalen gegen „Besitzstandswahrer“ polemisieren, ist inzwischen auch bei der FDP die politisch-volkswirtschaftliche Erkenntnis eingedrungen, dass Wachstum und Arbeitsplätze unter anderem von der Binnennachfrage abhängen. Wie viel Kaufkraft nach liberalen Vorstellungen jedoch etwa den Arbeitslosen bleibt, hängt entscheidend von der Höhe des Bürgergelds ab, zu der die Liberalen aber niemals klare Angaben machen.

DIE FINANZIERBARKEIT: Die FDP rechnet mit steuerlichen Entlastungen für Bürger und Unternehmen in Höhe von 17 bis 19 Milliarden Euro. Mit ihren vielen hundert Vorschlägen zum Bürokratieabbau und zur Leistungsstreichung will sie dies doppelt aufwiegen: Insgesamt könnten die öffentliche Haushalte um 35 Milliarden Euro entlastet werden, erklären die Liberalen in ihrem „Deutschlandprogramm“.

Die FDP nimmt für sich in Anspruch, das weitestgehende und deshalb mutigste Programm zu haben: Sie formuliert Zielvorstellungen, die zwar mit den aktuellen Möglichkeiten der Politik wenig zu tun haben, aber die gewünschte Richtung beschreiben. Genau deshalb aber werden die FDP-Vorschläge von den anderen Parteien selten ernst genommen: unumsetzbar, unrealistisch, heißt es meist. ULRIKE WINKELMANN