Die Banane stirbt einen Tod auf Raten

Die Bananensorte Cavendish füllt die Regale in den Supermärkten. Doch nun wird sie von einem Pilz bedroht und könnte aussterben. Eine Neuzüchtung ist schwierig, weil Bananen nur selten Sex haben. Stattdessen klonen sie sich fast immer

Um die Cavendish zu retten, versuchen es einige Forscher mit der Gentechnik

VON HANNA GERSMANN

Erst starb Big Mike, nun ist Cavendish dran – die herkömmliche Banane droht ausgerottet zu werden. Sie ist wehrlos gegen den Pilz, der die Panamakrankheit auslöst. Sie lässt die Staude verdorren. Die Obsttheke könnte veröden. So warnen jetzt verschiedene Experten.

Reichhaltig, billig, das ganze Jahr zu kaufen: Die Banane ist nach dem Apfel die zweitliebste Frucht der Deutschen. Jeder isst davon elf Kilo im Jahr. Zwar sind gut 1.200 Bananensorten bekannt. Doch braune Kochbanane, grüne Stärkebanane, rosige Süßbanane – sie alle schmecken den europäischen Käufern nicht. Zudem sind sie bei Transport und Lagerung anfällig. Eine Chance haben sie allenfalls im Bioladen. Auf den Plantagen der drei dominierenden Konzerne Chiquita, Dole und Del Monte aber wächst immer die gleiche Sorte: die gelbe, wohlgeformte Cavendish.

Der Pilz, der die Exportbanane attackiert, wurde schon vor 13 Jahren in Asien entdeckt. Seitdem hat er nicht nur Plantagen in Asien, sondern auch in Australien heimgesucht. Gegen ihn hilft kein chemisches Mittel. Es sei nur eine Frage der Zeit, dass er die Hauptproduktionsgebiete in Mittelamerika erreicht, berichtet das US-Magazin Popular Science. Dort mache den Bananen ohnehin schon ein anderer, der Black-Sigatoka-Pilz, zu schaffen. Es drohen Milliarden-Dollar-Verluste.

Chiquita zeigt sich dennoch gelassen. Mitarbeiter George Jaksch sagte gestern der taz: „Die Bananenindustrie ist nicht in der Krise, sondern alles ist unter Kontrolle.“ Verbraucher müssten auch nicht fürchten, dass Bananen teurer würden. Doch das Szenario der sterbenden Banane ist nicht so absurd, wie er glauben machen möchte. Einen ähnlichen Fall hat es schon gegeben.

Der Aufstieg der Cavendish begann erst, als die Ära von Big Mike endete. Bis in die 60er-Jahre aßen die Deutschen den Großen Michael. Die Sorte war süß, groß und hatte keinen Samen. Dann rottete ein Pilz sie innerhalb von zehn Jahren aus. Das Ende des Bananenanbaus schien nahe.

Die Cavendish-Banane, die aus Südchina stammt, erwies sich als Retterin. Sie trotzt dem Pilz, der ein Verwandter ihres heutigen Feindes war. Cavendish ist perfekt – zu perfekt.

Ihre Eintönigkeit und die Monokulturen werden zum Problem. Das macht es der Panamakrankheit leicht, sich auszubreiten. „Der Pilz bringt die Blätter zum Welken, erklärt Richard Sikora, Professor für Pflanzenkrankheiten an der Universität Bonn.

Wieder setzen sich weltweit die Forscher daran, einen neue Sorte zu entdecken. Doch die Aufgabe ist undankbar. Eine Neuzüchtung ist schwierig, denn die Banane hat oft jahrelang keinen Sex. Sie produziert keinen Samen. Zumeist klont sie sich. Dadurch ist ihr Erbgut wenig abwechslungsreich.

Die Misere spornt die Bioingenieure an. Rony Swennen erforscht an der belgischen Universität Leuven das Genom der Banane. Er hält einen „Cavendish-Apokalypse“ für möglich. Er und sein Team versuchen nun, die Cavendish resistent zu machen, indem sie ihre Chromosomen umbauen. Aber auch der Gentechniker weiß, dass viele Käufer die Früchte aus dem Labor ablehnen. Seine Versuche finden bisher im Gewächshaus statt. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit – und gegen die traditionelle Wissenschaft.

Denn zugleich experimentieren auch die traditionellen Anbauer. Sie wollen auf herkömmlichem Weg eine robuste Sorte kreieren. Sie zwingen die Bananen zum Sex – zum Beispiel auf den Feldern der honduranischen Stiftung für Agrarforschung. Dort sammeln die Arbeiter jeden Morgen den Pollen der zahlreichen männlichen Bananenstauden ab. Dann bestreuen sie damit die weiblichen Pflanzen. Die Chance, dass ein Samen keimt, ist allerdings äußerst gering: Sie liegt nur bei 1: 10.000.

Immerhin brachte die Mühe einen kleinen Erfolg. Goldfinger und Mona Lisa heißen die neuen Sorten, denen die Pilze keinen Schaden zufügen können. Problem: Sie schmecken mehr nach Apfel als nach Banane.