Kein Konsens in Sicht

Verhandlungen über eine Abschlusserklärung beim bevorstehenden UN-Reformgipfel bislang ohne Ergebnis

GENF taz ■ Die Aussichten für die Verabschiedung einer substanziellen Abschlusserklärung mit konkreten Verpflichtungen beim UN-Reformgipfel vom 14. bis 16. September in New York werden immer geringer. Die Gruppe aus 30 Staaten, die sich seit über einer Woche in intensiven Verhandlungen um ein auch für die USA zustimmungsfähiges Dokument bemüht, konnte sich bislang in keinem der zahlreichen Streitpunkte auf eine Konsensformulierung einigen.

Der Präsident der UN-Generalversammlung, Jean Ping, hatte diese Staatengruppe am 25. August einberufen, mit dem Auftrag, bis spätestens heute den endgültigen Text der Gipfelerklärung zu erarbeiten. Pings eigenen 36-seitigen Entwurf, der aus über fünfmonatigen, intensiven Konsultationen mit fast allen 191 Staaten hervorgegangen war, hatte die Bush-Regierung am 22. August in einem Schreiben ihres UN-Botschafters John Bolten zu gut 95 Prozent verworfen (siehe taz vom 27. 8.).

In rund 750 Korrekturforderungen verlangte Bolten, fast sämtliche konkreten Verpflichtungen (unter anderem zur Abrüstung und Rüstungskontrolle, zur Stärkung der UNO und des Völkerrechts sowie zur Erhöhung der Entwicklungshilfe und einer gerechteren Handelspolitik des Nordens) zu streichen. Zudem forderte die Bush-Regierung, jegliche Erwähnung der 2000 von einem UN-Gipfel beschlossenen „Millenniumsziele zur Halbierung der weltweiten Armut bis 2015“ aus dem Entwurf zu tilgen sowie auch jeden Hinweis auf den internationalen Strafgerichtshof und das Kioto-Protokoll zum Klimaschutz.

Seine Forderungen hat US-Botschafter Bolten in sechs weiteren Briefen an seine 190 Amtskollegen bekräftigt und präzisiert. Zudem erklärte er, die USA hätten sich niemals konkret auf die Millenniumsziele zur Halbierung der Armut verpflichtet.

Diplomaten, die an den ergebnislosen Verhandlungen der 30 Staaten in den letzten zehn Tagen beteiligt waren, sprechen von „absurdem Theater“ und „Zeitverschwendung“. Der pakistanische Botschafter erklärte, diese Verhandlungen seien „eine Wahnsinnsveranstaltung“, weil die USA auf der einen Seite und die übrigen 29 Staaten auf der anderen Seite „grundsätzlich gegensätzliche Ziele“ hätten. Doch bislang halten alle an den Verhandlungen beteiligten Staaten daran fest, eine Gipfelerklärung nur im Konsens (und damit mit der Zustimmung der USA) zu verabschieden und nicht per Mehrheitsabstimmung.

ANDREAS ZUMACH