Tod in der Abschiebehaft

Nach nur sechs Tagen Hungerstreik ist ein afrikanischer Abschiebehäftling im österreichischen Linz tot aufgefunden worden. Die Todesursache ist unklar

Ein Häftling war dort stundenlang mit Handschellen krumm geschlossen

WIEN taz ■ Afrikaner leben in Österreich gefährlich. Vor allem, wenn sie mit Polizei und Justiz in Kontakt kommen. Jüngster Todesfall ist der eines 18-jährigen Abschiebehäftlings, der nach eigenen Angaben aus dem westafrikanischen Gambia stammte. Er wurde Dienstag in seiner Zelle in Linz leblos aufgefunden. Der junge Mann, der im September nach Absitzen einer Strafe wegen Drogenhandels in Abschiebehaft genommen worden war, befand sich den sechsten Tag im Hungerstreik. Nach geltendem Recht müssen Abschiebehäftlinge entlassen werden, wenn der Arzt wegen Hungerstreiks Haftunfähigkeit bescheinigt. Eine heftig umstrittene Novelle, die im Januar in Kraft tritt, erlaubt in solchen Fällen die Zwangsernährung.

Bei der Linzer Polizei versichert man, der junge Mann habe sich noch kurz vorher in gutem Zustand befunden. Die Einzelhaft sei verhängt worden, weil er bei einer Untersuchung nach der Krankenschwester getreten habe. Eine erste Diagnose konnte keine äußeren Verletzungen feststellen. Ob Flüssigkeitsmangel die Todesursache war, wird die Obduktion klären. Der Hungerstreikende soll aber ausreichend getrunken haben.

Reinhard Klaushofer vom Menschenrechtsbeirat des Innenministeriums, der die Haftanstalt in Linz regelmäßig inspiziert, erklärte im ORF-Radio, dass Häftlinge, die in Hungerstreik treten, oft zur Strafe in Einzelzellen gesperrt würden, denn die Beamten fühlten sich provoziert. Im Sommer hatte das Anti-Folter-Komitee des Europarates Praktiken in Linzer Haftanstalten kritisiert. Ein Häftling war dort stundenlang mit Handschellen krumm geschlossen worden.

Wie immer der Tod des Afrikaners letzten Endes zu erklären ist: Bei ihrem Umgang mit Schwarzen zeigen sich die Exekutivbeamten wenig zimperlich. Vor wenigen Tagen erst ist ein Gutachten bekannt geworden, das bestätigt, der Mauretanier Cheibane Wague, der im Sommer 2003 bei seiner Festnahme starb, sei nicht einem Herzversagen erlegen, sondern erstickt, als ihn mehrere Polizisten minutenlang auf dem Boden fixierten.

Dass Afrikaner unter dem Generalverdacht stehen, mit Drogen zu handeln, thematisiert der jüngst angelaufene Film „Operation Spring“. Er dokumentiert, wie man an die hundert Afrikaner, die bei der gleichnamigen Razzia im Mai 1999 festgenommen wurden, mit polizeistaatlichen Methoden kollektiv zu Verbrechern stempelte. Nach Ansicht der FilmemacherInnen hatte die Aktion das Ziel, die Solidarität mit Schwarzafrikanern zu brechen. Denn kurz vorher war der Nigerianer Marcus Omofuma, dem man den Mund mit Klebebändern versiegelt hatte, während seiner Abschiebung erstickt. Angesichts der dürftigen Beweislage musste man aber vermummte Belastungszeugen aufbieten, von denen sich einer später selbst enttarnte und seine Aussage widerrief. Man habe ihm gedroht und eine mildere Strafe angeboten, falls er seine Kameraden belaste. Mangels konkreter Hinweise wurden einige verurteilt, weil sie, wie es wörtlich in der Urteilsbegründung heißt, „zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt an unbekannten Orten an unbekannt gebliebene Abnehmer in unbekannter, aber jedenfalls erheblicher Menge Suchtgift“ verkauft haben sollen. „Wie soll man gegen solche Vorwürfe den Gegenbeweis antreten?“, fragt sich der Anwalt und Universitätsdozent Alfred Noll. RALF LEONHARD