Zu coole Gegner

Was tun, wenn die Schlagkraft nachlässt? Wie soll man alt werden? In „New Police Story“ gibt sich der große Jackie Chan Mühe, ins Charakterfach zu wechseln – und vergisst dabei leider die Witze

VON SUSANNE MESSMER

Was einem zuerst zu Jackie Chan einfällt: Netter Kerl. Der Bud Spencer des fernen Ostens. Wenig Talent in puncto Schauspielerei, dafür gut im Draufhauen – sowohl physisch als auch psychisch: Jeder Witz ein Holzhammer. Jede Miene, jede Geste auch. Andererseits: Tolle Stunts, brillant choreografierte Action. Je weniger Plot, desto besser.

Für seinen neuen Film „New Police Story“, den fünften Teil seiner „Police Stories“, hat sich Jackie Chan nun überlegt: So kann das nicht ewig weitergehen. Wie soll man so alt werden? Und was tun, wenn erst die Schlagkraft nachlässt? Es galt also, aus Hollywood zurückzukehren, von dort, wo Jackie Chan in letzter Zeit eher halbgute Filme zustande bekommen hat, und mal wieder einen Film in Hongkong zu drehen, zu Hause, wo er tun und lassen kann, was er will. Was dabei heraus gekommen ist: Ein Jackie Chan, dem die Anstrengungen, ins Charakterfach wechseln zu wollen, deutlich ins Gesicht geschrieben sind. Ein Jackie Chan, der gescheitert ist, weil er die Witze weggelassen hat.

Vielleicht liegt es aber auch an den Bösen, die Jackie Chan als Inspektor Chen zu bekämpfen hat. Denn die sind so herrlich brutal, abgründig schön und schillernd in ihrem teuflischen Tun, dass Jackie, ob er will oder nicht, als der Gute dastehen muss, der er schon immer war und der er auch nach Ansicht seiner Fans bleiben soll.

Inspektor Chen ist ein gebrochener Mann. Er säuft, er kotzt, er weint viel und kann nicht mehr arbeiten. Mit dem eleganten Kunstkniff einer Rückblende wird erzählt, warum: Vor einem Jahr hat eine Bande jugendlicher Krimineller seine ganze geliebte Mannschaft martialisch hingerichtet. Zuvor hatte diese Gang eine Bank ausgeraubt, die Polizei gerufen, zehn bis zwanzig unwichtigere Cops abgeballert und sich dann in den Fuchsbau zurückgezogen. Hier hatten sie genug Muße, die Falle für Chens Männer zu stellen: Nach dem Vorbild eines Computerspiels, das sie wenig später ins Netz stellen, machen sie einen Polizisten nach dem anderen kalt. Das Komische: Irgendwie wirken sie nicht nur abscheulich in dem, was sie tun. Nach und nach kommt heraus, dass sie sogar Grund haben für ihren Hass. Sie sind vernachlässigte Kinder steinreicher Eltern, ihr Anführer, ein bildhübscher Junge mit melancholischem Blick, wurde zeitlebens gequält und misshandelt von dem Cop, der sein Vater war.

Der Terror kommt also nicht von außen, sondern aus den eigenen Reihen. Es sind die nouveaux riches, die Hongkong zu fürchten hat. Gegen diese lässigen jungen Leute mit greller Schminke, bunten Haaren und ausgefallener Garderobe kann Jackie Chan einfach nicht an. Es hätte seines bewährten Humors bedurft, sie von ihrem Ross zu holen. Vielleicht wäre es dann auch nicht zu der peinlichen Schlussszene gekommen. Da steht nämlich der Chef der Bande, dieser Adonis, auf einem Häuserdach herum und bekommt gar viele Löcher in die unbehaarte Brust geschossen. Das sieht sehr melodramatisch aus. Und ungeheuer affig.

„New Police Story“. Regie: Benny Chan. Mit Jackie Chan, Charlie Yeung u. a., Großbritannien 2005, 124 Min.